Bonn. . Die Deutsche Telekom rudert teilweise zurück: Der Bonner Telekommunikationskonzern will seine DSL-Tarife nach Erreichen eines bestimmten Volumens nicht so stark drosseln wie bislang angekündigt. An den Plänen zur Bevorzugung eigener Internetdienste will das Unternehmen aber festhalten.
Die Nachricht sickerte bereits am Dienstagabend durch, nun ist sie offiziell: Die Deutsche Telekom rudert zurück –teilweise jedenfalls. Der Bonner Konzern will zwar weiterhin an der umstrittenen Drosselung von Internet-Tarifen im Festnetz festhalten, aber die Geschwindigkeit nach Erreichen eines bestimmten Datenvolumens nicht so stark reduzieren wie ursprünglich geplant. Das Zwei-Klassen-Internet droht aber immer noch, fürchten Kritiker.
Im April hatte die Telekom angekündigt, ab 2. Mai nur noch DSL-Neuverträge abzuschließen, die mit einer Klausel in den Geschäftsbedingungen versehen sind. Sie sollten es dem Konzern erlauben, spätestens 2016 Volumengrenzen einzuziehen. So sollte etwa der gängige 16-Megabit-Anschluss nach Erreichen von 75 Gigabyte Datenverkehr auf 384 Kilobit pro Sekunde ausgebremst werden. Er wäre dadurch fast 43 Mal langsamer geworden. Auch Bestandsverträge sollten nach und nach auf die neuen Geschäftsbedingungen umgestellt werden. Die Telekom argumentierte, 75 Gigabyte reichten für die meisten Nutzer völlig aus, diese kämen auf nur 15 bis 20 Gigabyte Datenvolumen im Monat.
Wochenlanger Protest
Nun will der Konzern die Bremse bei zwei Megabit festzurren, immerhin noch ein Achtel der im Vertrag versprochenen Transferrate. Das reicht zwar zum Surfen und E-Mails abrufen, spätestens beim Streamen von hochauflösenden Filminhalten oder bei großen Downloads aus dem Internet dürften dann allerdings lange Wartezeiten entstehen. Wer die ursprüngliche Geschwindigkeit zurückhaben möchte, muss draufzahlen. Eine solche Regelung kennen Nutzer von Smartphones schon aus ihren Mobilfunkverträgen.
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„Wir haben in den vergangenen Wochen einen intensiven Dialog mit unseren Kunden geführt und die Sorgen verstanden. Mit 2 Mbit/s liegen wir deutlich über dem Mindestrichtwert aus der Breitbandstrategie der Bundesregierung – wir haben ihn verdoppelt“, versuchte Niek Jan van Damme, Deutschlandchef der Telekom, am Mittwoch das Geschehene vergessen zu machen. Tatsache aber ist: Über Wochen hatten sich Kunden und Kenner der Branche im Internet über die Telekom-Pläne beschwert, verspotteten das Unternehmen und dessen Pläne als „Drosselkom“. Telekom-Chef Rene Obermann hatte das Vorgehen des Konzerns dagegen vor und auf der Hauptversammlung Mitte Mai noch mit deutlichen Worten verteidigt. „Bisher zahlen die Intensivnutzer genauso viel wie die Wenignutzer. Wir finden es fairer, wenn die, die das Netz ganz besonders viel nutzen, auch etwas mehr zahlen“, sagte Obermann.
Netzneutralität in Gefahr
Der zum Teil massive Protest – einige Aktivisten hatten im Netz sogar zur Unterzeichnung einer Petition gegen die Drosselung aufgerufen – hat offenbar Wirkung gezeigt. Mindestens genauso schwer wie der Vorwurf, echte Daten-Flatrates fürs Festnetz auf diese Weise zu kastrieren, wiegt der Vorwurf, die Telekom arbeite an einem Zwei-Klassen-Internet. Und diesen entkräftete der Konzern mit seiner am Mittwoch bekannt gegebenen Entscheidung nicht.
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Kritiker wie Markus Beckedahl von der Digitalen Gesellschaft bezeichnen das Vorgehen der Telekom als innovationsfeindlich. Die Pläne verstößen gegen die so genannte Netzneutralität. Und die besagt, dass jedes Datenpaket im Internet gleich behandelt werden soll. Die Telekom plant aber, Dienste wie das konzern-eigene TV-Angebot „Entertain“ von der Drosselung auszunehmen. Gleiches soll auch für Unternehmen gelten, die bereit sind, mit der Telekom einen Vertrag einzugehen. Ihre Daten werden nicht auf das Volumen des jeweiligen DSL-Tarifs angerechnet. Wer zahlt, darf auf die Datenautobahn, die anderen müssen den Feldweg nehmen. „Große Player werden sich womöglich die Überholspuren leisten können und wollen, um einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten von morgen zu haben. Start-ups, Open-Source-Projekte und Blogs werden dabei in die Röhre schauen und auf die langsamen Nebenspuren des Netzes gelenkt“, sagte Beckendahl Spiegel Online.
Kartellamt und Bundesnetzagentur sind alarmiert
Die Telekom begründet die Differenzierung seit April mit den massiven Investitionen, die sie in den kommenden Jahren stemmen müsse: „Wir werden unsere Tarife aber differenzieren müssen, so dass wir unsere Netzinvestitionen auch in Zukunft zurückverdienen können.“ Das Datenvolumen im Netz habe massiv zugenommen, diesem Umstand müsse man Rechnung tragen, argumentierte die Telekom bereits im April.
Ob der Bonner Konzern mit seinen Plänen eines Zwei-Klassen-Internets durchkommen wird, ist noch offen. Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur wollen sich diese noch einmal genauer anschauen.