Essen. . Da die Zinsen derzeit deutlich unter der Inflationsrate liegen, gibt es immer weniger fürs Ersparte. Deutsche Sparer verlieren dadurch 14,3 Milliarden Euro jedes Jahr. Weltweit müssen die Menschen sogar über 100 Milliarden Euro abschreiben.
Die Zeiten, in denen Sparer ihr Geld durch Zinsen vermehren konnten, sind längst vorbei: Wegen der derzeit extrem niedrigen Zinsen verlieren die Menschen in Deutschland jährlich 14,3 Milliarden Euro an Vermögen – das entspricht 0,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Weltweit sind es sogar über 100 Milliarden Euro, die Sparer abschreiben müssen.
Das ist das Ergebnis von Berechnungen der Weltbank, der Dekabank und des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) berichtet.
Der deutsche Staat profitiert aber
Grund für den riesigen Verlust sind „negative Realzinsen“. Davon sprechen Ökonomen, wenn die Zinsen unterhalb der Inflationsrate liegen. Dadurch verringert sich der Wert der Spareinlagen, weil es weniger fürs Geld zu kaufen gibt – Sparer werden quasi enteignet. Momentan seien 23 Länder weltweit von diesem Effekt betroffen, hieß es.
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Derzeit bieten Banken oft Zinssätze von deutlich unter 0,5 Prozent an. Laut Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, verlieren die Menschen dadurch bei einer Inflationsrate von 1,6 Prozent rund 1,35 Prozent ihres Geldes, das auf Tagesgeld- oder Girokonten liege. Ein Ende dieser Entwicklung ist auch nicht in Sicht: Erst Anfang Mai hatte die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen auf das historische Tief von 0,5 Prozent gesenkt. Damit sollen die kriselnden und hoch verschuldeten Euro-Staaten in Südeuropa billiger an Geld kommen..
Doch auch der deutsche Staat profitiert von der Niedrigzins-Politik: Weil deutsche Staatsanleihen als sehr sicher gelten und gefragt sind, sinken auch hier die Zinsen. Nach Berechnungen von Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, hat Deutschland so 62 Milliarden Euro an Zinsaufwendungen zwischen 2009 und 2012 gespart. Auch private Kreditnehmer profitieren durch niedrigere Darlehenszinsen von der Situation.
Auch Lebensversicherungen und Altersvorsorge betroffen
Die Negativfolgen der Niedrigzins-Strategie gehen aber weit über die Spareinlagen hinaus: Auch Lebensversicherungen und Altersvorsorge-Leistungen sind davon betroffen, da die Zinsen für diese Anlageklassen ebenfalls fallen.
Mehr Rendite könnten Aktien bieten. Jedoch scheuen viele Deutsche das Risiko an der Börse. „Derzeit haben weniger als zehn Prozent der Bundesbürger Geld in Aktien investiert“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Das Platzen von Spekulationsblasen oder die Pleite der Lehman-Bank mit ihren Schockwellen für das ganze Finanzsystem hätten die Menschen in den vergangenen Jahren verunsichert. „Wenn man aber längerfristig schaut, sind Aktien als Anlageklasse unschlagbar“, so Tüngler.
Um den Wertverlust bei Spareinlagen zu stoppen, müssten Tünglers Ansicht nach die Zinsen wieder steigen. „Davon ist in den kommenden Jahren aber nicht auszugehen“, sagt er. Denn die Lage in den Krisenstaaten werde sich nicht rasch verbessern, so dass die EZB kaum von ihrer Niedrigzins-Politik abrücken werde.