Essen. . 855 Millionen Euro zahlt Yahoo für die Übernahme des bekannten Blogging-Dienstes Tumblr. Das Portal macht damit den 26-jährigen David Karp zu einem reichen Mann. Für Yahoo selbst geht es vor allem um eines: Verjüngung. Mit Tumblr will der Internet-Konzern wieder „hip“ werden.

Es war die bisher größte Firmenübernahme des Jahres. Für 1,1 Milliarden US-Dollar (855 Millionen Euro) hat das Internetportal Yahoo die Firma „Tumblr“ (sprich Tambla) gekauft. Doch schon einen Tag nach Verkündung des Deals verlassen die ersten Kunden den Dienst. Und auch sonst könnte Yahoo-Chefin Marissa Mayer Probleme mit der Neuerwerbung bekommen.

So bekannt der Käufer ist, so wenig wissen Menschen unter 30 Jahren über den Gekauften. „Tumblr“ ist ein sogenannter Mikro Blogging Dienst – 108 Millionen kurze Online-Tagebücher, die ständig aktualisiert werden. Mit Texten, Fotos, Videos oder Links. David Karp, der „Tumblr“ 2007 gründete und immer noch rund 25 Prozent der Anteile besaß, hat durch den Verkauf knapp 300 Millionen Dollar mehr auf dem Konto. Chef der Firma soll er auch bleiben.

Pikante Inhalte passen nicht zum Firmen-Image

Überhaupt will Yahoo erst einmal gar nichts ändern beim jüngsten Kind der Unternehmensfamilie. „Wir versprechen Tumblr nicht zu ruinieren!“, hat Mayer verkündet. Doch ganz einfach ist das nicht. Denn Tumblr ist nicht nur deshalb so beliebt, weil sich Einträge von dort so schnell verbreiten, wie sonst nirgendwo, sondern auch weil sich in den Millionen Blogs zahlreiche pornografische Bilder und Videos finden. Und weil der Begriff „Urheberrecht“ im Wortschatz vieler Nutzer grundsätzlich nicht zu finden ist.

Die ehemaligen Betreiber hat das alles kaum gestört. Sie baten lediglich darum, jugendgefährdende Inhalte nur mit dem Hinweis „Not safe for work“ – „nicht geeignet am Arbeitsplatz“ – hochzuladen. Kontrollen gab es kaum. All das passt nicht so recht zum Saubermann-Image, das sich Yahoo gerne gibt. Und es ist auch nicht das Umfeld, in dem seriöse Unternehmen gerne Werbung schalten. Deshalb kann es dauern, bis sich die Milliardeninvestition für Yahoo auszahlt.

Erneuerung und "Coolness" soll Yahoo voranbringen

All das nimmt Mayer jedoch in Kauf. Auch weil es kaum Alternativen für Yahoo gibt. Das Unternehmen braucht einen Jungbrunnen. Es sei wichtig, wieder „cool“ zu werden, so Finanzchef Ken Goldman.

Zwar hat der Blogging-Dienst im vergangenen Jahr nur 13 Millionen Dollar Gewinn gemacht, aber er gilt als „hip“, ist angesagt. Genau das, was Yahoo nicht mehr ist. Vor allem aber ist „Tumblr“ auch eine Art soziales Netzwerk. Eine Welt, in der Yahoo bisher nicht einmal einen Zeh in der Tür hatte.

Viele Hoffnungen ruhen auf David Karp

David Karp soll nun zumindest den Fuß hereinbringen, am besten noch mehr. Der gebürtige New Yorker mit typischem Nerd-Look-Kapuzenshirt, Jeans, Turnschuhe und Pilzkopf-Frisur gilt abwechselnd als Internet-Wunderkind, Netz–Tycoon oder Sonderling.

Die Schule brach er mit 15 Jahren ab, das Programmieren von Internetseiten brachte er sich selber bei. Zunächst startete er ein Unternehmen für Software-Beratung, verkaufte es, gründete „Tumblr“ und machte das Bloggen einfach für jedermann.

Täglich 80 Millionen Einträge

Karp gilt als sparsam. Er lebt mit seiner Freundin in einem angeblich spartanisch eingerichteten Appartement in Brooklyn. Elegante Autos leiht er sich, zur Arbeit fährt er mit der Vespa oder geht zu Fuß. Im Kleiderschrank herrscht Leere, Bücher besitzt er keine. „Immer mobil sein“, lautet das Motto des Internet-Millionärs.

Das nehmen sich offenbar auch die ersten Tumblr-Nutzer zu Herzen – und verabschieden sich aus Sorge vor den neuen Besitzern von Karps Dienst.

An einem normalen Sonntag würden 400 bis 600 Tumblr-Einträge zum Konkurrenten WordPress herübergeholt, behauptete dessen Chef Matt Mullenweg. Dieses Mal seien es 72 000 gewesen. Grund zur Sorge besteht aber noch nicht. Jeden Tag kommen auf „Tumblr“ rund 80 Millionen Millionen Einträge neu hinzu.