London. .
Es ist die bisher größte Firmenübernahme des Jahres. Für 1,1 Milliarden US-Dollar hat das Internetportal Yahoo die Firma „Tumblr“ (sprich Tambla) gekauft. So bekannt der Käufer ist, so wenig wissen Menschen unter 30 Jahren über den Gekauften. „Tumblr“ ist ein sogenannter Mikro Blogging Dienst – 108 Millionen kurze Online-Tagebücher, die ständig aktualisiert werden. Mit Texten, Fotos, Videos oder Links. David Karp, der „Tumblr“ 2007 gründete und immer noch rund 25 Prozent der Anteile besaß, hat durch den Verkauf 300 Millionen Dollar mehr auf dem Konto. Chef der Firma soll er auch bleiben.
Pikante Inhalte
Überhaupt will Yahoo erst einmal gar nichts ändern beim jüngsten Kind der Unternehmensfamilie. „Wir versprechen, das Ganze nicht zu versauen und Tumblr nicht zu ruinieren!“, hat Yahoo-Chefin Marissa Mayer verkündet. Doch ganz einfach ist das nicht. Denn Tumblr ist nicht nur deshalb so beliebt, weil sich Einträge von dort so schnell verbreiten wie sonst nirgendwo, sondern auch, weil sich in den Millionen Blogs zahlreiche pornografische Bilder und Videos finden.
Die ehemaligen Betreiber hat das alles kaum gestört. Sie baten lediglich darum, jugendgefährdende Inhalte nur mit dem Hinweis „Nor Safe for work“ – „nicht geeignet am Arbeitsplatz“ – hochzuladen. Kontrollen gab es kaum, Beschwerden wurden ignoriert. All das passt nicht so recht zum Saubermann-Image, das sich Yahoo gerne gibt. Und es ist auch nicht das Umfeld, in dem seriöse Unternehmen gerne Werbung schalten. Deshalb kann es dauern, bis sich die Milliardeninvestition für Yahoo auszahlt. All das nimmt Mayer in Kauf. Auch weil es kaum Alternativen für Yahoo gibt. Die Firma braucht einen Jungbrunnen.
Zwar hat der Blogging-Dienst im vergangenen Jahr nur 13 Millionen Dollar Gewinn gemacht, aber er gilt als „hip“, ist angesagt. Genau das, was Yahoo nicht mehr ist. Und auf die Online-Tagebücher wird besonders gern von unterwegs zugegriffen – vom Smartphone oder Tablet aus. Vor allem aber ist „Tumblr“ auch eine Art soziales Netzwerk. Eine Welt, in der Yahoo bisher nicht einmal einen Zeh in der Tür hatte.
David Karp soll nun zumindest den Fuß hereinbringen, am besten noch mehr. Der gebürtige New Yorker mit der Pilzkopf-Frisur gilt als „Internet-Wunderkind“. Die Schule bricht er mit 15 ab, das Programmieren von Internetseiten bringt er sich selber bei. Er startet eine Firma für Software-Beratung, verkauft sie, gründet „Tumblr“ und macht das Bloggen einfach für jedermann.
Täglich 75 Millionen Einträge
Karp ist sparsam, manche nennen ihn geizig. Er lebt mit seiner Freundin in einem 1,2 Millionen teuren, aber angeblich spartanisch eingerichteten Appartement in Brooklyn. Elegante Autos leiht er sich, zur Arbeit fährt er mit der Vespa oder geht gleich zu Fuß. Bücher besitzt er gar nicht. „Immer mobil sein“, lautet Karps Motto. Das nehmen sich wohl auch die ersten Tumblr-Nutzer zu Herzen und verabschieden sich aus Sorge vor den neuen Besitzern von Karps Dienst. Grund zur Sorge besteht allerdings noch nicht. Jeden Tag kommen auf „Tumblr“ rund 75 Millionen neue Einträge hinzu.