Brüssel. Frachtdiebstahl wird auf Europas Straßen zunehmend ein Problem. Wegen zentraler Lage, guter Infrastruktur und Widerstandskraft in der Krise gerate Deutschland zunehmend ins Visier der Lkw-Banditen, schreiben die FreightWatch-Experten in ihrem jüngsten Report zum Thema Fracht-Diebstahl. Nordrhein-Westfalen ist in Deutschland am stärksten betroffen.
Sie knacken Schlösser, schlitzen Planen auf und klauen ganze Anhänger. Sie schlagen zu auf Autobahn-Parkplätzen, auf Firmenhöfen oder mitunter auch auf offener Strecke, bei voller Fahrt. Frachtdiebstahl entwickelt sich auf Europas Straßen zum florierenden Gauner-Gewerbe. Genaue Zahlen sind nicht verfügbar - viele Überfälle werden gar nicht erst gemeldet, besonders in Mittel- und Osteuropa führen die Behörden keine offizielle Statistik. Doch der Branchen-Dienst FreightWatch International (FW), auf Sicherheitsfragen spezialisiert, ist sicher: Das Übel nimmt Formen an – auch in der Bundesrepublik.
Deutschland zunehmend im Visier der Lkw-Banditen
Als stärkster Wirtschaftsstandort der EU, wegen zentraler Lage, guter Infrastruktur und Widerstandskraft in der Krise gerate Deutschland zunehmend ins Visier der Lkw-Banditen, schreiben die FreightWatch-Experten in ihrem jüngsten Report zum Thema Fracht-Diebstahl. „Aus vielen Gründen ist Deutschland wahrscheinlich das attraktivste Betätigungsfeld für Frachtdiebe in Europa.“ Hierzulande sei viel hochwertige Ware auf den Straßen unterwegs. Beute könne zügig abtransportiert werden, vor allem nach Polen, Ungarn, Tschechien, Rumänien oder in die Ukraine.
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Die Bundesrepublik gehört zu den Ländern, in denen die Entwicklung nicht mit einer gesonderten Statistik offiziell erfasst wird. Aus Polizei-Daten, Medien-Berichten und eigenen Erkenntnissen lasse sich aber schließen, dass sich das Problem im vergangenen Jahr verschärft habe, schreiben die FW-Autoren. Sie zitieren unter anderem Angaben, die ein Ex-Bundespolizist auf der Stuttgarter Logistik-Konferenz im vergangenen November machte. Danach „wird in Deutschland alle zehn Minuten ein Frachtdiebstahl begangen“. 2011 seien insgesamt 1891 Laster oder Anhänger entwendet worden.
Beunruhigender Trend in Europa
Im globalen Vergleich ist das noch nicht dramatisch – allein in der brasilianischen Stadt Sao Paulo und in Mexiko wurden im vergangenen Jahr jeweils mehr als 6000 einschlägige Überfälle gemeldet. Oft wurde dabei gleich der gesamte Lastzug gekidnappt. Aber auch in Europa ist der Trend beunruhigend: 2012 habe die Zahl der Fälle um fast ein Viertel zugenommen, stellt der FW-Bericht fest. Neben Deutschland seien die Niederlande, Belgien, Frankreich und Italien bevorzugte Tatorte.
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In der Bundesrepublik gehen die Lkw-Gangster allerdings weniger gewalttätig vor als andernorts. Vor allem in Frankreich und Italien „ist Gewaltanwendung ein regelmäßig und zunehmend auftretendes Phänomen“, heißt es in dem Bericht. „In Deutschland bevorzugen die Diebe Methoden ohne direkte Konfrontation“ – sie plündern am liebsten nachts auf dunklen Parkplätzen Lkw-Anhänger, während der Fahrer vorne schläft. Dabei wird allerdings häufiger nachgeholfen, durch ein Betäubungsgas, das die Gangster über die Belüftung unbemerkt ins Führerhaus blasen.
NRW in Deutschland am stärksten betroffen
Unter den Bundesländern verzeichnet NRW die meisten Fälle, gefolgt von Hessen und Niedersachsen. An Rhein und Ruhr greifen die Täter mit einer besonders aufwendigen Methode zu: Der Anhänger wird von einem dicht auffahrenden speziell aufgerüsteten Kleinlaster aus geöffnet und während der Fahrt um seine Fracht erleichtert. Die Polizei habe für die vergangenen zwölf Monate rund 50 derartige Fälle registriert, berichtet die Deutsche Verkehrszeitung (DVZ). In Dortmund sei eine Sondereinheit eingerichtet worden, um diese Form des Raubs in den Griff zu bekommen.
Beliebtestes Diebesgut sind in Deutschland Bau-Materialien, Maschinen und andere Industrieausrüstung und Kosmetika. Bei besonders gefragter Ware wie etwa dem teuer gewordenen Kupfer, kann der Wert einer geklauten Ladung über einer Million Euro liegen.