Essen. . Verkaufserlöse, Kosteneinsparungen, Wachstum – Hochtief-Chef Marcelino Fernández Verdes will Anleger mit frohen Botschaften locken. Doch einige Aktionäre bleiben skeptisch. Der Weggang von zahlreichen Führungskräften schürt Misstrauen.
Für Marcelino Fernández Verdes, den Spanier an der Spitze von Deutschlands größtem Baukonzern, war es die erste Hauptversammlung als Vorstandschef von Hochtief. Vor einem Jahr hatte ihn der damalige Aufsichtsratschef Manfred Wennemer noch in Essen als „den besten Baumanager, den es bei ACS gibt“, vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt hieß der Vorstandsvorsitzende von Hochtief Frank Stieler.
Mittlerweile haben Stieler und Wennemer den Konzern verlassen und schweigen über ihre Beweggründe. Und Fernández Verdes, langjähriger Manager des spanischen Hochtief-Mutterkonzerns ACS, ist nicht mehr nur einfaches Vorstandsmitglied, sondern ganz offiziell der Chef im Ring.
Zumindest die Sprachkenntnisse des Managers scheinen sich kaum verändert zu haben. Mehr als „Guten Morgen“ sagte er während des Aktionärstreffens nicht auf Deutsch. Seinen Vortrag präsentierte er auf Englisch – mit einem ausgeprägten Akzent. Viel Arbeit also für den Simultanübersetzer.
Neue Eigentümer für Flughafen Düsseldorf
Selbst erfahrenen Aktionären wie Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) gab Fernández Verdes Rätsel auf. „Wir wissen nicht genau: Sind Sie die Lösung oder sind Sie das Problem?“, sagte Tüngler. Ob Argwohn oder Sympathie richtig seien, lasse sich nicht klar erkennen. Er fühle sich aus Sicht der Anleger an das „Stockholm-Syndrom“ erinnert – ein psychologisches Phänomen, bei dem Opfer von Geiselnahmen ein positives emotionales Verhältnis zu ihren Entführern aufbauen. Der Entführer soll in diesem Bild wohl der spanische Konzern ACS sein.
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Protest der Aktionäre blieb aus. Es gab lediglich ein paar kritische Wortbeiträge, die sich um die zahlreichen Abgänge von Top-Managern, die Probleme beim Bau der Hamburger Elbphilharmonie und die geplanten Verkäufe von Hochtief-Tochterfirmen drehten. „Was bleibt noch übrig?“, wollte Tüngler mit Blick auf die angestrebten und beschlossenen Trennungen von Beteiligungen wissen.
Denn die Verkaufsliste von Hochtief ist lang. Pünktlich zur Hauptversammlung teilte Fernández Verdes mit, dass sich der Konzern für 1,1 Milliarden Euro von der Beteiligung an mehreren Flughäfen getrennt hat. Damit bekommt auch der Düsseldorfer Flughafen neue Eigentümer. Künftig redet hier auch eine Tochterfirma des kanadischen Pensionsfonds PSP Investments mit. Neben Düsseldorf gehören Athen, Budapest, Hamburg, Sydney und Tirana zu den Standorten der Sparte „Hochtief Airport“.
Wird das Tafelsilber von Hochtief verscherbelt?
Abnehmer sucht Fernández Verdes auch für große Teile des Europa-Geschäfts. Unter anderem will er sich vom Geschäft mit Gebäudemanagement („Service Solutions“) trennen. Die Immobilien-Tochter Aurelis soll ebenfalls in andere Hände gelangen. Geht es darum, Tafelsilber zu verkaufen, damit der Mutterkonzern ACS Kasse machen kann? Fernández Verdes beteuert, mit dem Erlös aus dem Flughafen-Geschäft wolle Hochtief Schulden abbauen und das Infrastrukturgeschäft stärken. Auch wenn in der Vergangenheit nicht 1,1 Milliarden, sondern 1,5 Milliarden Euro als Erlös im Gespräch waren: Die Börse hat den Deal mit Kursgewinnen für die Hochtief-Aktie gefeiert.
Für das abgelaufene Geschäftsjahr soll eine Dividende in Höhe von einem Euro fließen, nachdem die Zahlung an die Anteilseigner im vergangenen Jahr noch ausgefallen war. Notierten die Hochtief-Aktien zum Zeitpunkt der Hauptversammlung 2012 noch bei rund 43 Euro, waren es aktuell mehr als 56 Euro. Verkaufserlöse, Kosteneinsparungen, Wachstum – zumindest bei vielen Aktionären scheint die Botschaft des Hochtief-Chefs gut anzukommen. Dennoch: Der Weggang von 14 Konzern- und Bereichsvorständen sowie weiteren Führungskräften innerhalb weniger Monate sorgt auch unter Anlegern für ein gewisses Misstrauen.