Düsseldorf. . Das Land NRW drücken immer höhere Pensionslasten. Der Höchststand der Beamten im Ruhestand wird mit 229.700 im Jahr 2027 erwartet. Jetzt gibt es Streit um die Übertragung der Tarifanpassung für Angestellte auf die Beamten. Es gibt sogar Gerüchte um eine Nullrunde.

Die zurzeit meiststrapazierte Rechenformel in Düsseldorf lautet 1:1. Der DGB hantiert damit, der Beamtenbund und viele Einzelgewerkschaften. Unisono fordern sie, den jüngsten Abschluss für die 86.000 Tarifangestellten des Landes – 5,6 Prozent über zwei Jahre verteilt – „zeit- und inhaltsgleich“ auf die knapp 250.000 NRW-Beamten zu übertragen. Doch wachsen die Zweifel, dass der SPD-Finanzminister in ihrem Sinne kalkuliert. Die Gerüchte überschlagen sich: über Nullrunden, Kürzungen der Pensionen und des Weihnachtsgeldes wird spekuliert. Längst drohen Personal- und Pensionskosten den Haushalt zu erdrücken.

Mit 38,4 Prozent oder 22,9 Milliarden Euro binden Personalausgaben den dicksten Brocken des Etats. Allein 90 Prozent entfallen auf die personalintensiven Kernbereiche: Schule, Polizei, Justiz- und Finanzverwaltung. Rechnet man die Hochschulen hinzu, die aus dem Haushalt ausgegliedert wurden, steigt der Kostenanteil sogar auf 44,8 Prozent. Der Landeschef des Steuerzahlerbundes, Heinz Wirz, hält es da für unverzichtbar, dass die Beamtengehälter geringer steigen als die Angestellten-Tarife. Das Mainzer Konzept, Beamtengehälter in NRW in den nächsten fünf Jahren jeweils um nur ein Prozent anzuheben, findet Wirz „gut“.

Finanzminister hält sich bedeckt

Das jüngste Angestellten-Ergebnis kostet das Land rund 450 Millionen Euro für zwei Jahre. Vorsorglich warnt DGB-Landeschef An­dreas Meyer-Lauber vor einem „weiteren Sonderopfer“ der Beamten. Noch hält sich Finanzminister Walter-Borjans bedeckt. „Vor allem bei Versorgung und Beihilfe stehen wir bei gleichem Personalbestand einem wachsenden Kostendruck gegenüber“, hatte er aber schon im Dezember gewarnt. Jeder Prozentpunkt mehr bei Beamten und Pensionären belaste den Etat jährlich mit 170 Millionen Euro.

Das treibt künftige Versorgungsleistungen in die Höhe. Der Landesrechnungshof beruft sich auf die Modellrechnung „Alterslast“: Danach wird die Zahl der Pensionäre von 165 000 im Jahre 2010 auf den prognostizierten Höchststand von 229 700 im Jahre 2027 steigen. Gleichzeitig klettern die Pensionsausgaben von 5,2 auf 6,8 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2040 soll dann die Zahl der Empfänger auf 226 700 sinken.

„Pensionslawine“

Was im politischen Jargon salopp mit „Pensionslawine“ bezeichnet wird, hat seine Ursache in den 70er- und 80er-Jahren. Damals betrieben die Landesregierungen eine weitgehend ungezügelte Einstellungspolitik. Spätere Versuche eines wirksamen Personalabbaus kamen über zarte Ansätze kaum hinaus. Verbürgt ist das Zitat, mit dem der damalige NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) 2002 im Landtag einen Empörungsschub bei Oppositionsführer Jürgen Rüttgers (CDU) auslöste: „Ja, soll ich die Leute etwa in den Keller führen und erdrosseln?“

Immerhin baut das Land zusätzlich vor. Mit der von CDU-Finanzminister Helmut Linssen eingerichteten Versorgungsrücklage sollen bis 2020 rund 7,9 Milliarden Euro angespart werden, um künftige Ausgaben abzufedern. Außerdem legt NRW für jeden nach 2005 neu eingestellten Richter und Beamten monatlich mehrere hundert Euro in einem Extra-Fonds zurück. Aber ob das reicht?

Beamtenbund will kein Sonderopfer

Wohl kaum. In einem Gutachten schlägt der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen scharfe Einschnitte für Beamte vor: Neben der Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre im Jahr 2019 soll das Versorgungsniveau der Beamten von heute 71 Prozent des letzten Bruttolohns bis zum Jahr 2030 auf 61 Prozent abgesenkt werden.

Während die Gewerkschaften fürchten, dass die Beamten als „Sparschwein“ der Finanzpolitiker missbraucht werden, unterbreitet Heiner Cloesgen vom Steuerzahlerbund einen Kompromissvorschlag: Für obere Gehaltsgruppen der Beamten könnte die Erhöhung gegen null tendieren – für „kleine Beamte“ vielleicht die Hälfte vom Tarifabschluss der Angestellten ausmachen. Die rot-grüne Landesregierung hat sich noch nicht festgelegt. Der Deutsche Beamtenbund (DBB) ist ein Stück weiter: Die unkündbaren Staatsdiener wollen ein neues Sonderopfer „auf keinen Fall akzeptieren“.