Essen. . In vielen Branchen drohen Gewerkschaften mit Arbeitskämpfen – an Flughäfen, beim Energieversorger Eon und im Öffentlichen Dienst. Im Handel machen die Arbeitgeber Druck: Im Frühling stehen die Löhne für fast drei Millionen Menschen auf dem Prüfstand.

Es könnte das Jahr der Streiks werden: Dieses so junge 2013 hat dem Land schon Arbeitskämpfe an Flughäfen und bei Energiekonzernen beschert, sehr bald drohen Streiks im Öffentlichen Dienst.

Und im Frühling stehen die Löhne für fast drei Millionen Menschen im Einzelhandel auf dem Prüfstand. Nach durchschnittlich 2,7 Prozent Tariferhöhungen und Reallohnzuwächsen 2012 wird es im bisher so krisenfesten und konsumfreudigen Deutschland wieder ungemütlicher. Ein Überblick:

Energiewirtschaft

Am Montag hat die Urabstimmung der 30.000 Eon-Beschäftigten begonnen. Eine ungewohnte Situation für Deutschlands größten Energieversorger: Es wäre der erste unbefristete Streik in der Branche überhaupt. Bisher gingen satte Gewinne mit guten Löhnen und zufriedenen Mitarbeitern einher. Doch seit Eon 2011 einen Milliardenverlust erlitt, ist Schluss damit.

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Verdi und IGBCE fordern 6,5 Prozent mehr, Eon bietet 1,7 Prozent – also keinen Inflationsausgleich. Die Streikenden haben erklärt, keine Stromausfälle provozieren zu wollen. Doch sie können dem Konzern finanziell schaden und wollen diese Macht zum ersten Mal nutzen.

Öffentlicher Dienst

Schon vor der ersten Verhandlung am Donnerstag hat Verdi im Öffentlichen Dienst Streiks angekündigt. Fast schon aus Gewohnheit: Da der Staat notorisch klamm ist, deshalb jede Forderung als zu hoch ablehnt, greifen die alten Rituale: Forderung, Ablehnung, verhärtete Fronten, Streik, Schlichtung. Diesmal geht es um die Gehälter der etwa einer Million Angestellten der Länder. Sie sind indes schwerer für Streiks zu mobilisieren als die Busfahrer, Kindergärtnerinnen und Müllmänner der Kommunen.

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Deshalb fällt es Verdi auch schwer, die Abschlüsse mit Bund und Kommunen auf die Länder zu übertragen. Seit 2005 wird getrennt verhandelt. Verdi fordert wie 2012 für Bund und Kommunen 6,5 Prozent. Erzielt wurden seinerzeit 6,3 Prozent, allerdings verteilt auf zwei Jahre.

Stahl und Metall

Im Februar beginnt die Stahlindustrie ihre gar nicht mehr so festgefahrene Tarifrunde, im April folgt die Metall- und Elektroindustrie. Nach Rekord- und Krisenabschlüssen in den vergangenen Jahren könnte es diesmal etwas unspektakulärer zugehen. Die IG Metall plant im Stahl eine reine Lohnrunde, die Forderung steht noch aus. Die Arbeitgeber werden wegen der Absatzflaute nicht viel bieten. Ob Streiks bei gleichzeitiger Kurzarbeit in den Betrieben ein geeignetes Mittel sind, muss sich zeigen.

Einzelhandel

Nicht die Gewerkschaften haben den Tarifvertrag gekündigt, um die Löhne neu zu verhandeln, sondern die Arbeitgeber. Hier droht der längste und härteste Tarifkonflikt des Jahres. Der Arbeitgeberverband will alle Mantel- und Entgeltverträge für die 2,7 Millionen Beschäftigten neu aushandeln, um sie „attraktiver für Unternehmen“ zu machen. Damit meinen sie sicher keine Verbesserungen der Löhne und der im Manteltarif geregelten Arbeits- und Urlaubszeiten sowie Wochenend- und Spätzuschläge. Auf Verdi wartet ein harter Abwehrkampf, in dem es schwer wird, die Reihen zu schließen. Denn die Beschäftigten im Einzelhandel sind nur in den großen Betrieben gut organisiert. Im Handel wird oft monate- bis jahrelang verhandelt. Das droht diesmal mehr denn je.