Tübingen. Der Buchhandel hat es schwer in Zeiten von Internet-Versandhäusern. Vor allem kleine Geschäfte kämpfen ums Überleben. Einige Läden haben mit außergewöhnlichen Konzepten ihre Nische gefunden.
Es gibt eine Buchhandlung nur für Frauen, mehrere sind auf religiöse und spirituelle Themen spezialisiert, andere führen nur wissenschaftliche Bücher. Noch ist Tübingen reich an Buchläden. Doch auch wenn zum Jahresende die Kassen geklingelt haben, kämpfen viele kleine Buchhändler in der Universitätsstadt ums Überleben. Nur wer seine Nische findet oder mit einem außergewöhnlichen Konzept auftrumpft, kann sich gegen die Konkurrenz aus dem Internet und der großen Ketten behaupten.
Vor allem Amazon macht den Händlern in den Innenstädten das Überleben schwer. Mit ein paar Klicks ist man beim passenden Buch, am nächsten Tag ist es zu Hause. Selbst die Großen der Branche mussten zuletzt Filialen schließen, etwa Thalia in Essen, Bouvier in Bonn oder Hugendubel in Berlin. Die kleinen Läden haben da umso mehr zu kämpfen.
Lange Öffnungszeiten sind überlebenswichtig
Johannes Scherer, Geschäftsführer des Buchhandelsverbands Baden-Württemberg, glaubt trotzdem nicht, dass Buchhandlungen in den Einkaufsstraßen ein Auslaufmodell sind. Ein gutes Angebot und kundenfreundliche Öffnungszeiten seien wichtig: "Wenn ein Laden nur bis 18 Uhr geöffnet ist und keinen Internetauftritt hat, gehen die Kunden zu Amazon", sagt Scherer.
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Angelika Gocht, Geschäftsführerin der Tübinger Buchhandlung Gastl, arbeitet seit fast 30 Jahren in dem auf wissenschaftliche Bücher spezialisierten Geschäft. Ihre Kollegen sind teils noch länger im Haus, alle sind für den Bereich zuständig, den sie studiert haben. "Das trägt zur Kundenbindung bei und ist unsere Nische", sagt Gocht, Germanistin und Romanistin. Doch sie sagt auch: "Es ist uns völlig klar, dass die Großhändler uns Umsatz kosten."
Geschäfte mit Bibliotheken, Firmen und Kanzleien
Die Tübinger Buchhandlung Beneke hat wegen der Konkurrenz der Internet-Händler und großen Filialen aufgeben müssen. Seit 1913 gab es das Buchgeschäft. Doch dann eröffnete im Jahr 2000 die Kette Osiander eine Filiale in der gleichen Straße. "Von da an ging unser Umsatz kontinuierlich zurück. Im Jahr 2003 haben wir dann das Ladengeschäft aufgegeben", erzählt Geschäftsführer Erich Schönleben. Beneke orientierte sich neu und suchte sich eine Nische: Heute macht das Unternehmen vor allem Geschäfte mit Bibliotheken, Firmen und Kanzleien.
Osiander sehen viele kleine Buchhändler als großes Problem. Geschäftsführer und Mitinhaber Hermann-Arndt Riethmüller will sich nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen. "Kleinere Buchhandlungen nehmen uns oft als den Hauptkonkurrenten wahr, doch die Realität ist eine andere", sagt er. Für den 67-Jährigen ist Amazon der größte Konkurrent für den Buchhandel. Dass Osiander im Moment trotzdem expandiere, erklärt Riethmüller so: "Unsere Standorte sind dort, wo die Menschen sich bewegen, nämlich in den Fußgängerzonen", sagt er. "Man kann bei uns gemütlich sitzen, und wir bieten viele kulturelle Veranstaltungen in unseren Geschäften an." Das könnten Internet-Händler nicht bieten.
Ein Café, das auch Bücher verkauft
Dass auch kleine Läden, die sich gegen jegliche Trends stemmen, erfolgreich sein können, zeigt Benjamin Wagner, Inhaber des Tübinger Vividus-Buchkaffees. Obwohl die Buchhandlung um 18.30 Uhr schließt, samstags sogar schon um 18 Uhr. Außerdem hat Wagner 2006 schräg gegenüber einer Osiander-Filiale eröffnet. Der Buchladen, der gleichzeitig ein Café ist, läuft trotzdem gut, hat Stamm- und Laufkundschaft. Die Menschen fühlen sich wohl und trinken gern einen Kaffee, während sie nach Büchern stöbern. "Nur mit Büchern hat man es schwer als kleiner Laden", sagt Wagner. (dpa)