Frankfurt/Berlin. Nach der Steuerrazzia kämpft die Deutsche Bank um ihren guten Ruf. Doch mit seinem Beschwerde-Anruf bei Hessens Ministerpräsident Bouffier erreicht Co-Vorstandschef Fitschen das Gegenteil: Kritik und Kopfschütteln.

Nach der Steuerrazzia reißt die Kritik an der Deutschen Bank nicht ab. "Die Vorgänge bei der Deutschen Bank schreien geradezu nach mehr Regulierung, Aufsicht und einem funktionierenden Wirtschaftsstrafrecht", erklärte der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, am Montag.

Dass sich Co-Chef Jürgen Fitschen nach der Durchsuchung vom vergangenen Mittwoch zu einem Anruf bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hinreißen ließ, sorgt für Aufregung. "Niemand steht in Deutschland über dem Rechtsstaat. Herr Fitschen macht den Eindruck, dass er das nicht verstanden hat", sagte Unions-Fraktionsvize Michael Meister dem "Handelsblatt" (Montag). Der Fraktionsvorsitzende der hessischen Grünen, Tarek Al-Wazir, sagte dem Sender Hit Radio FFH, es sei "offensichtlich bei manchen Leuten nicht klar, dass die Gesetze für alle gelten".

Steuerhinterziehung, Geldwäsche und versuchter Strafvereitelung

500 Fahnder hatten am Mittwoch unter anderem die Zentrale des Dax-Konzerns in Frankfurt durchsucht. Ermittelt wird wegen schwerer Steuerhinterziehung, Geldwäsche und versuchter Strafvereitelung beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate). Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft hat 25 Beschäftigte im Visier, darunter Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause. Die beiden Vorstände hatten die - später korrigierte - Steuererklärung für das Jahr 2009 unterschrieben. Fünf Mitarbeiter wurden verhaftet, vier davon blieben zunächst in Untersuchungshaft.

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Fitschen hatte die Aktion kurz danach in einem Interview als "überzogen" bezeichnet. Am Sonntag hatten die Bank und die Staatskanzlei in Wiesbaden dann bestätigt, dass der Manager nach der Razzia Bouffier anrief - nach "Spiegel"-Informationen, um sich über den massiven Einsatz der Ermittler zu beschweren. Regierungssprecher Michael Bußer sagte dazu am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa: "Der Ministerpräsident hat klargemacht, dass es staatsanwaltschaftliche Ermittlungen sind, in die er sich nicht einmischen könne."

Vorgänge bereits seit 2009 bekannt

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) wurde die Deutsche Bank von der britischen Steuerbehörde HMRC frühzeitig vor kriminellen Machenschaften beim Emissionshandel gewarnt. Die Bank habe es anschließend aber versäumt, intern durchzugreifen. Das gehe aus Akten der Generalstaatsanwaltschaft hervor. Dem Bericht zufolge wies die HMRC führende Vertreter der Deutschen Bank in London bereits im Herbst 2009 darauf hin, dass große Teile des Handels mit Luftverschmutzungsrechten "mit Betrugskriminalität behaftet seien".

Ein Sprecher der Deutschen Bank bekräftigte: "Wir werden alle Detailvorwürfe prüfen." In dem Verfahren, das im April 2010 mit einer ersten Razzia bei Deutschlands größtem Geldhaus öffentlich geworden war, waren im Dezember 2011 sechs Bankkunden als Betreiber von Umsatzsteuerkarussellen zu Haftstrafen verurteilt worden. Vor einigen Monaten suspendierte die Deutsche Bank mindestens fünf Händler, die an dem illegalen Zertifikatehandel beteiligt gewesen sein sollen. (dpa)