München. . Für das größte deutsche Geldhaus geht eine Horror-Woche mit einer Niederlage vor Gericht zu Ende. Die Bank muss wegen eines Interviews des Ex-Chefs Rolf Breuer Schadenersatz in noch ungeklärter Höhe zahlen. Das Institut soll zudem im Zuge der Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung Beweise vernichtet haben.

Die Deutsche Bank und deren Ex-Chef Rolf Breuer haben ihren Kreditkunden Kirch geschädigt und müssen den Schaden gutmachen. Dieses Urteil fällte Richter Guido Kotschy nach eineinhalb Jahren Beweisaufnahme vor dem Oberlandgericht München.

Kotschy sieht es als erwiesen an, dass Breuer im Jahr 2002 zwei Monate vor der Kirch-Pleite in einem Interview die Kreditfähigkeit Kirchs angezweifelt und diesen in die Enge getrieben habe. So habe das größte deutsche Geldhaus ein lukratives Beratungsmandat erzwingen wollen. Als das fehlschlug, ging das zwar angeschlagene, aber laut Kotschy noch sanierungsfähige Kirch-Imperium pleite und wurde zu Zerschlagungspreisen stückweise verkauft. Wie hoch der dadurch entstandene Schaden war, müssen aber nächstes Jahr Gutachter entscheiden. An der Schuld der Bank ließ der Richter keinen Zweifel. Es sei eine „öffentliche Bloßstellung“ gewesen. Breuer selbst sprach von einem „Unfall“.

Revision vor dem BGH wurde vom Richter ausgeschlossen

Kotschy schloss eine Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) aus. Dagegen kann die Deutsche Bank aber Beschwerde einlegen und bei Erfolg doch noch vor den BGH ziehen. „Es ist ein großer Teilsieg“, jubelte Peter Gauweiler als Anwalt der Kirch-Erben. Pleitier Leo Kirch selbst war im Verlauf des Verfahrens gestorben. Weitergeführt wird sein Feldzug gegen die Bank von früheren Kirch-Gesellschaften, die sich zum KGL-Klagepool zusammengeschlossen haben und von Kirchs Erben.

Die Deutsche Bank räumte ihre Niederlage ein. „Es ist ein Rückschlag, aber noch nicht das Ende“, meinte ein Anwalt des Instituts. Zuvor hatten er und seine Kollegen vergeblich versucht, das Gericht von einem Schuldspruch abzubringen. Für den Fall, dass das misslingt, liege der Kirch entstandene Schaden bei maximal 268 Millionen Euro, hatten sie beteuert.

Kirch-Seite will bis zu drei Milliarden Euro geltend machen

Die Kirch-Seite erwartet dagegen ein Mehrfaches und nimmt dabei einen einmal von Kotschy gemachten, aber dann an der Deutschen Bank gescheiterten Vergleichsvorschlag zum Maßstab. Kotschy hatte 775 Millionen Euro angeregt. Doch selbst das scheint den Kirch-Anwälten nicht mehr zu reichen. Sie wiesen darauf hin, dass sie in dem über ein Jahrzehnt währenden Rechtsstreit eine Gesamtsumme von drei Milliarden Euro plus Zinsen geltend machen.

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Bis Ende Januar 2013 haben die Streitparteien nun Zeit, dem Oberlandesgericht Gutachter zu nennen, die den Schaden taxieren. Richter Kotschy selbst hat die Spanne auf 120 Millionen bis 1,5 Milliarden Euro beziffert. Ein Urteil wird Mitte 2013 erwartet.

Die siegreiche Kirch-Seite zeigte sich indessen generös. Sie werde den ebenfalls verklagten Breuer, der der Urteilsverkündung fern geblieben war, nicht finanziell in Anspruch nehmen, Voraussetzung sei, dass die Deutsche Bank zahlt. Das hilft dem ehemaligen Deutsche Bank-Chef nicht. Aktienrechtlich wäre sein Ex-Arbeitgeber verpflichtet, ihn seinerseits in Regress zu nehmen. Breuer besitzt zwar eine Managerhaftpflichtversicherung. Deren Umfang ist aber begrenzt und deckt vorsätzliches Handeln, sofern das Gericht dies befindet, nicht ab.

Co-Chef der Deutschen Bank sieht sich „ungerecht“ behandelt

Die Niederlage vor dem Oberlandgericht München ist aber nicht das einzige Problem der Deutschen Bank. Sie steht in Verdacht der schweren Steuerhinterziehung beim Handel mit C02-Emissionszertifikaten. Am Mittwoch wurde bei einer Razzia das Geldhaus durchsucht. Der Co-Chef des Instituts, Jürgen Fitschen, wies den Vorwurf der schweren Steuerhinterziehung aber zurück. Er sei „fest davon überzeugt“, dass sich die Vorwürfe als unbegründet erweisen würden, sagte der 64-Jährige der „Bild“ vom Freitag.

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Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt unter anderem neben dem Verdacht der Steuerhinterziehung auch wegen Geldwäsche und versuchter Strafvereitelung gegen 25 Mitarbeiter der Deutschen Bank – darunter Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause, weil sie die Umsatzsteuer-Erklärung 2009 der Bank unterschrieben hatten.

In seinem mehr als 40-jährigen Berufsleben sei er „den Prinzipien des ehrbaren Kaufmanns stets treu geblieben“, betonte Fitschen. Deshalb fühle er sich „ungerecht“ behandelt und werde sich zur Wehr setzen. Für einen Rücktritt sehe er „keinen Grund“. Dem „Handelsblatt“ sagte Fitschen, er halte das Vorgehen der Staatsanwaltschaft für „überzogen“.

Ermittler werfen Bank-Mitarbeitern Beweisvernichtung vor

Laut „Süddeutscher Zeitung“ werfen die Ermittler den Mitarbeitern der Bank vor allem vor, sie hätten Unterlagen vernichtet, die für die Aufklärung der Vorwürfe nötig gewesen wären. Den Ermittlern seien E-Mails zu den mutmaßlich kriminellen Geschäften vorenthalten worden. Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft wie auch die Deutsche Bank wollten sich zu den Vorwürfen nicht äußern.

Aus dem Umfeld der Bank hieß es allerdings, dass es bei der zugesagten Weitergabe des gesamten Schriftverkehrs an die Behörden unabsichtlich „zu ganz, ganz kleinen Lücken gekommen“ sei. „Niemand hat etwas manipuliert“, hieß es weiter. (zusammen mit afp)