Iserlohn. . Die Kirchhoff-Gruppe mit Sitz in Iserlohn steigerte ihren Umsatz in diesem Jahr auf voraussichtlich 1,49 Milliarden Euro. Das bedeutet einen Zuwachs von rund zehn Prozent im familiengeführten Unternehmen mit den Sparten Automotive, Werkzeug, Entsorgungsfahrzeuge und Fahrzeugumbauten für Behinderte.

Das Ende der Krise in den schwächelnden Eurostaaten wie Spanien, Portugal oder Italien ist in Sicht. „Wir erwarten schon im Frühjahr eine leichte Belebung der Wirtschaft.“ Der dies sagt, ist kein Wirtschaftsweiser auf dem Papier, dafür aber offenbar in der Praxis.

Es ist Arndt G. Kirchhoff, neben Wolfgang und Johannes einer der drei Brüder an der Spitze des Iserlohner Automobilzulieferers Kirchhoff. Das breit aufgestellte Unternehmen scheint Seismograph für die Automobilbranche zu sein.

Karosserieteile der Iserlohner Traditionsfirma finden sich im 227. Jahr des Unternehmens in beinahe allen Marken „vom Smart bis zum Rolls-Royce“, sagt Arndt G. Kirchhoff.

Kirchhof hat über 10.000 Mitarbeiter in 16 Ländern

Operiert wird weltweit, immer dort, wo es die Kunden hinzieht. Deshalb reicht das Netz vom Stammsitz im Sauerland beinahe einmal rund um den Erdball. Über 10.000 Mitarbeiter sind in 43 Werken in 16 Ländern beschäftigt. Allein 2012 wurden 110 Millionen Euro in neue Fabriken und innovative Technik an alten Standorten investiert. Darunter ein Werk im nordostchinesischen Shenyang, das 2013 in unmittelbarer Nähe zu GM, BMW und Williams in Betrieb gehen wird. Oder im rumänischen Craiova, wo fast die komplette Rohkarosse für den Ford B-Max gefertigt wird. 16 Millionen Euro flossen in diesem Jahr auch in Iserlohn in Modernisierungen.

Zehn Prozent Umsatzwachstum verzeichnete die Kirchhoff-Gruppe 2012. Im Automobilsektor dürften es zum Jahresende sogar fast 14 Prozent sein. „Die Krise beginnt abends gegen 19 Uhr.“ Was Arndt G. Kirchhoff scheinbar scherzhaft mit Blick auf die Nachrichtensendungen anmerkt, belegen auch seine beiden Brüder Wolfgang und Johannes mit Zahlen und einem einhellig optimistischen Ausblick für die übrigen Unternehmensstandbeine Witte Werkzeuge, „Mobility“ (Spezialfahrzeuge für Behinderte) und die Kirchhoff-Ecotec, zu der die Herstellung von Liftern, Kehr- und Abfallsammelfahrzeugen (FAUN) gehört.

Letztere sollen in Zukunft auch im Reich der Mitte für Ordnung sorgen. Darunter ist auch ein Fahrzeug, das erst perspektivisch an Marktanteil gewinnen dürfte: das Hybrid-Müllauto „Dualpower“. „Betriebswirtschaftlich rechnet es sich erst ab einem Dieselpreis von 1,80 Euro pro Liter“, erklärt Johannes Kirchhoff.

Dennoch sind bereits 25 dieser Innovation produziert und 21 davon verkauft worden. Mit steigender Stückzahl werden die Herstellungskosten ebenso naturgemäß sinken, wie Spritpreise weiter steigen werden – und so wird „Dualpower“ für Abfallwirtschaftsbetriebe absehbar nicht bloß zum Umwelt-Image beitragen. Auch wenn man es vielleicht nicht vermutet, steckt in einem Sammelfahrzeug kaum weniger Know-how als in einem Premiumflitzer.

Iserlohner Kniff gegen die Chinesen

Um also nicht allzu schnell Nachbauten zu riskieren, hat Kirchhoff die Produktion des hochinnovativen Aufbaus von der Fertigung der Zugmaschine einfach in zwei Firmen getrennt. Hintergrund: Alles was Räder hat, darf in China nur auf die Straße, wenn es mindestens im 50/50-Joint-Venture mit einer einheimischen Firma produziert wird. Gegen diesen Kniff kann der Chinese bislang nichts einwenden.

Ausblick - 4 bis 5 Prozent Wachstum im Jahr 2013

Der Umsatz der Kirchhoff-Gruppe stieg 2012 auf 1,49 Milliarden Euro gegenüber 1,35 Milliarden Euro im Vorjahr.

Die Zahl der Beschäftigten stieg auf durchschnittlich 10 600 gegenüber 9200 im Jahr 2011.

Für 2013 rechnet die Kirchhoff-Gruppe mit 4 bis 5 Prozent Wachstum.

Asien ist für Kirchhoff ein wichtiger, weil boomender Markt – aber auch Hochrisikogebiet. „Es ist eben Planwirtschaft mit verordnetem Wachstum“, erklärt Arndt Kirchhoff, warum sich die Iserlohner auf dem amerikanischen Markt noch wohler fühlen.

Kirchhoff glaubt an das Bochumer Opel-Werk

Es ist der mit Abstand größte Automarkt weltweit, auch wenn China aufholt und just im Oktober dieses Jahres Europa als Nummer zwei abgelöst hat. Dabei dürfte es bleiben, selbst wenn die prognostizierte Frühjahrsbelebung in Europa für die Hersteller von Kleinwagen kommt. Den Optimismus begründet Kirchhoff so: Die Branche in Südwesteuropa sei seit fünf Jahren zweistellig im Minus. Rein statistisch gesehen sei also die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Nachfrage steigen werde.

Möglich werde dies aktuell durch den Euro-Rettungsschirm, der die kränkelnden Banken wieder flüssig machen wird, so dass sie Wirtschaft und Verbraucher wieder mit Krediten ausstatten könne. Das werde Herstellern wie Peugeot, Citroën, Renault oder auch Opel, die allesamt zu den Kirchhoffkunden zählen, helfen – und letzteren beispielsweise auch vor der Haustür, glaubt Arndt Kirchhoff: „Ich sehe Bochum auch nach 2016 nicht geschlossen.“