Essen. Die chinesische Führung in Peking verspricht doppelte Löhne und doppeltes Wachstum. Die deutsche Industrie wittert ihre Chance, doch das Riesenreich hat auch Probleme: einen riesigen Energiebedarf, steigende Umweltbelastungen, eine problematische Bevölkerungsentwicklung.

China am Wendepunkt? Die Weltmacht bekommt eine neue Führung. Der scheidende Staats- und Parteichef Hu Jintao verkündete, was sein Nachfolger Xi Jinping schaffen soll: das Pro-Kopf-Einkommen der Chinesen bis 2020 verdoppeln, ebenso die Wirtschaftsleistung. Doch gleichzeitig hat China mit massiven Problemen zu kämpfen: Die Staatsführung muss den rapide steigenden Energiebedarf organisieren, demografische Probleme und das große soziale Gefälle in den Griff bekommen und mehr für die Umwelt tun. Das sagen die Parteiführer selbst.

Rohstoffe und Energie

China braucht Energie, um das rasante Tempo, mit dem die Wirtschaft wächst, beizubehalten. „Chinas Wachstum ist nach wie vor sehr energie- und ressourcenintensiv“, heißt es in einer aktuellen Studie von Deutsche Bank Research. Der Bedarf werde sich von 2005 bis 2035 fast verdreifachen. Auch sonst gibt es massiven Aufholbedarf. Auf 1000 Einwohner kommen nur 40 Autos. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 517.

China deckt seinen Energiebedarf zurzeit vor allem durch die Verbrennung heimischer Kohle. Mehr als zwei Drittel der verbrauchten Energie wird daraus gewonnen. Und sie wird auch künftig Chinas Aufschwung befeuern. Zudem sichert sich das Riesenreich den Zugriff auf Rohstoffe in Afrika und Südamerika. Chinas Unterhändler versprechen Entwicklungshilfe und lassen sich dafür Abbaurechte für Metalle und andere Rohstoffe zusichern.

Wirtschaftswachstum

Voraussichtlich 7,5 Prozent Wachstum in 2012 – was für jedes europäische Land einen Jahrhundert-Boom bedeuten würde, ist für China ein dramatischer Einbruch. Denn in den vergangenen Jahren waren die Wachstumsraten in der Regel zweistellig, 2011 noch 9,2 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt von umgerechnet 5,8 Billionen Euro war 2011 zwar doppelt so groß wie in Deutschland, pro Kopf entspricht das mit 4250 Euro aber nur einem Bruchteil des Standards westlicher Industrieländer. Das Potenzial bleibt damit riesig.

Binnennachfrage und Exporte

In Deutschland wird der Aufstieg Chinas von vielen als Bedrohung gesehen. Die Industrie begreift das Land dagegen als einen Riesenmarkt für ihre Produkte und damit als riesige Chance. Chinas Indus­trie kauft deutsche Maschinen, die aufstrebende Mittelschicht deutsche Autos. Audi etwa verkauft seinen A6 in China vor allem in der Langversion, weil sich immer mehr Chinesen einen Chauffeur leisten.

Das verbessert auch die Handelsbilanz: Während die Importe aus China bei Waren im Wert von 80 Milliarden Euro verharren, haben sich deutsche Exporte nach China allein von 2008 bis 2011 auf 65 Milliarden fast verdoppelt.

Investitionen

Deutsche Firmen exportieren nicht nur ihre Waren nach China, sie produzieren dort auch selbst. Etwa 5000 deutsche Firmen sind bereits vor Ort. Sie haben bisher gut 26 Milliarden Euro in China investiert. Umgekehrt investieren Chinesen zunehmend in deutsche Firmen – bisher eine knappe Milliarde Euro, Tendenz steigend.

Umweltschutz

Umweltschutz war in China bisher nachrangig. Veraltete und damit höchst ineffiziente Kohlekraftwerke pusten eine Menge CO2 in die Atmosphäre, es fehlt an entsprechenden Filtertechnologien. China gilt als größter CO 2 -Produzent der Welt. Das hat die Führung in Peking mittlerweile auch eingeräumt – und ein umfangreiches Programm zur Senkung des Schadstoffausstoßes aufgelegt.

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Zudem hat das Land mit vielen anderen Umweltproblemen zu kämpfen: „43 Prozent des Wassers in den sieben wichtigsten Flusssystemen Chinas sind für den menschlichen Gebrauch nicht geeignet“, heißt es in der DB-Research-Studie. „61 Prozent des Hausmülls werden unbehandelt deponiert.“ Weitere Probleme seien Bodenerosion, Wüstenbildung und der Rückgang landwirtschaftlicher Fläche.

Bevölkerungsentwicklung

Auch die demografische Entwicklung birgt Risiken. Chinas Gesellschaft überaltert als Folge der Ein-Kind-Politik, die Ende der 70er-Jahre das rasante Bevölkerungswachstum eindämmen sollte. Immer weniger Junge müssen immer mehr Alte versorgen. Ein Fehlen funktionierender Sozialsysteme verschärft diese Situation noch.