Berlin. Strom ist teuer, für Menschen mit wenig Einkommen zu teuer. Das sieht auch Bundesumweltminister Peter Altmaier so. Sein Tipp für alle Geringverdiener: Weniger Strom verbrauchen. Für die Verbraucherzentralen und den Paritätischen Wohlfahrtsverband ist das nicht mehr als eine Lachnummer.
Vor dem ersten Runden Tisch im Bundesumweltministerium zur Dämpfung der Stromkosten für die Bürger weht Ressortchef Peter Altmaier (CDU) massive Kritik entgegen. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, nannte es "naiv, die wachsende Armut durch steigende Energiekosten allein mit kostenlosen Energiespar-Beratungsangeboten lösen zu wollen". Die Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn sprach von einem "Scheinmanöver" des Ministers. Auch die Verbraucherzentralen sehen in der Stromsparinitiative keine echte Hilfe für Geringverdiener.
Altmaier will am Dienstag in Berlin mit Wohlfahrts- und Verbraucherschutzverbänden, Branchen- und Kirchenvertretern sowie Kommunen vor allem über die Ausweitung kostenloser Energieberatungen für Privathaushalte sprechen.
Wohlfahrtsverband: Strom bald zu teuer für Geringverdiener
Mit Blick auf die voraussichtlich steigende EEG-Umlage sagte Schneider im "Hamburger Abendblatt", ohne Ausgleich für Niedriglohnbezieher oder Familien in Hartz IV würden "schlicht noch mehr Menschen ihren Strom künftig nicht mehr bezahlen können". Die Zahl der Stromnotfälle werde "weiter explodieren". Die EEG-Umlage wird nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz für die Einspeisung von Strom aus Quellen erneuerbarer Energie ins allgemeine Stromnetz erhoben.
Aus Sicht der Opposition ist die Stromsparinitiative Altmaiers eine Mogelpackung. "Anstatt die finanzielle Entlastung aller Verbraucher über die Streichung der Industrieausnahmen voranzubringen, führt Minister Altmaier Scheinmanöver aus", sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn der "Passauer Neuen Presse". "Kostenlose Energieberatung für einkommensschwache Haushalte gibt es bereits." Die "Vor-Ort-Checks", die Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gerade mit den Verbraucherverbänden vorgestellt habe, seien für Geringverdiener kostenfrei. "Alle anderen sind sehr wohl bereit, den geringen Eigenanteil für eine qualitativ hochwertige Beratung zu zahlen", sagte Höhn.
Verbraucherzentralen fordern Zuschüsse für einkommensschwache Familien
Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht in der geplanten Energieberatung keine wirkliche Hilfe für Geringverdiener. "Kurzfristige Abhilfe versprechen wir uns durch eine Senkung der Stromsteuer", sagte der Energieexperte Holger Krawinkel der "Passauer Neuen Presse" (Dienstagausgabe).
Der Dachverband der Verbraucherzentralen spricht sich dafür aus, einkommensschwache Familien mit staatlichen Zuschüssen bei dem Kauf sparsamer Elektrogeräte zu unterstützen. "Mit einem energiesparenden Kühlschrank kann man bis zu 100 Euro pro Jahr sparen", rechnete Krawinkel vor. (dapd)