Berlin. Bankberater haben hierzulande noch immer einen schlechten Ruf: Einer aktuellen Umfrage zufolge sind mehr als die Hälfte aller Bankkunden unzufrieden mit der Beratung, die sie dort erfahren haben. Viele Anleger verlassen sich auch gar nicht mehr auf den Rat ihrer Hausbank.
Viele Anleger sind mit der Bankberatung unzufrieden: Mehr als jeder Zweite (56 Prozent) hat nach eigenen Angaben schlechte Erfahrungen mit Beratern gemacht, nur elf Prozent waren mit deren Empfehlungen zufrieden. Das geht aus dem "Aktionärskompass" der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hervor, für den die Universität Leipzig und die Essener Hochschule für Ökonomie und Management insgesamt 940 erfahrene Privatanleger befragte.
Auffällig ist zudem, dass sich immer weniger Anleger bei ihren Entscheidungen auf den Rat der Berater verlassen. 94 Prozent treffen die Auswahl für Anlageprodukte selbst. Lediglich 20 Prozent greifen dazu auch auf die Bankberatung zurück, weitere 7,5 Prozent nehmen den Rat eines Vermögensverwalters in Anspruch (Mehrfachnennungen möglich).
Aus Sicht vieler Anleger sei die Beratung oft nicht bedarfsgerecht, heißt es beim DSW. Außerdem verfügten die Bankberater vielfach nicht über ausreichendes Know-how bei Finanzprodukten.
"Der Trend geht zum Do-it-yourself-Anlegen", sagt DSW-Geschäftsführer Marc Tüngler. "Externe Berater spielen eine zunehmend kleiner werdende Rolle." Als Informationsquelle nutzen Anleger insbesondere Zeitschriften, TV-Angebote und das Internet. Nur rund jeder Fünfte nutzt hingegen die Informationsangebote der Banken.
Oft kein Beratungsprotokoll
Gravierende Mängel bei der Bankberatung belegt auch eine Studie des Deutschen Instituts für Service-Qualität. Dazu ließen sich Testkunden bundesweit bei zwölf Banken und Sparkassen 120-mal zum Thema Geldanlage beraten. Bei jedem zweiten Institut erhielten die Kunden kein Beratungsprotokoll, obwohl das seit 2010 gesetzlich vorgeschrieben ist.
Sobald jedoch ein Protokoll erstellt wurde, fiel die Beratung meist umfassender aus. Schlecht war der Studie zufolge oft auch die Bedarfsanalyse bezüglich der Lebens- und Finanzsituation der Kunden. Daher empfahlen die Berater ihren Kunden oft auch nur Standardprodukte, die häufig nicht den Erfordernissen entsprachen.
Aktienanleger wollen mehr Informationen
Aktien und Aktienfonds sind bei den Anlegern eindeutig die gefragtesten Produkte. Allerdings ist weniger als die Hälfte (46 Prozent) der Aktienanleger mit den Informationen der Unternehmen zufrieden, an denen sie Beteiligungen halten. So wünschen sich 80 Prozent, dass sie die gleichen Informationen wie institutionelle Investoren und Analysten bekommen.
Und das ist durchaus gerechtfertigt, wie Tüngler betont. "In Zeiten des High-Speed-Handels kann selbst ein winziger Informationsvorsprung entscheidend sein", erläutert der Experte.
Kurzfristige Gewinne stehen für die meisten Aktiensparer nicht im Vordergrund, immerhin halten mehr als 80 Prozent ihre Beteiligungen über mehrere Jahre. Bei der Frage, welche Erfahrungen sie mit ihrer Aktienanlage gemacht haben, ergibt sich ein gemischtes Bild: 40 Prozent bezeichnen sie als gut, 42 Prozent als mittelmäßig, und rund 18 Prozent der Aktienanleger haben schlechte Erfahrungen gemacht.
Ein- und Ausstiegszeitpunkt immer wichtiger
In Deutschland ist die Zahl der Aktionäre seit dem Jahr 2000 von 6,2 Millionen auf aktuell rund 3,9 Millionen gesunken. Und die brauchen nach Berechnungen des Deutschen Aktieninstituts (DAI) immer mehr Geduld. Die Anlagezeiträume, die eine ansehnliche Rendite versprechen, haben sich in jüngster Vergangenheit von 10 auf 15 Jahre verlängert. Wer beispielsweise 2001 in DAX-Werte anlegte, erzielte bis Ende 2011 eine jährliche Rendite von lediglich 1,3 Prozent. Bei denjenigen, die bereits 1996 anlegten, waren es hingegen fast fünf Prozent.
"Mit den größeren Marktschwankungen erlangen dementsprechend Ein- und Ausstiegszeitpunkt immer mehr an Bedeutung", sagt DAI-Geschäftsführer Rüdiger von Rosen. Grundsätzlich sollten Aktiensparer aber langfristig planen und nicht vergebens auf den besten Zeitpunkt der Anlageentscheidung warten, betont der Experte. Als Substanzwerte würden insbesondere Dividendenpapiere Krisen relativ gut überstehen. Und Aktiensparer hätten auch künftig gute Chancen, nach Abzug der Inflationsrate mehr als den Kapitalerhalt zu erzielen, sagt Rosen. (dapd)