Düsseldorf. . Der jüngste Ankauf von Bankdaten über deutsche Steuerhinterzieher durch Nordrhein-Westfalen gefährdet das Abkommen mit dem Nachbarland. Weitere Ankäufe seien aber geplant. Der NRW-Finanzminister lehnt das Abkommen in seiner jetzigen Fassung sowieso ab.

Das Düsseldorfer Finanzministerium schweigt. Nein, man wolle sich nicht offiziell zum Ankauf einer neuen Steuer-CD mit den Daten von 1000 vermögenden Deutschen äußern. Auch nicht zum Erwerb weiterer Datensätze, über die das Magazin „Spiegel“ berichtet. Damit gerät auch das geplante Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz ins Wanken. Die NRW-Landesregierung hatte nie Zweifel daran gelassen, dass sie das Abkommen ablehnt, weil es Steuersündern zu viele Schlupflöcher biete.

In der Schweiz dementiert man das Geschäft mit der Steuer-CD lieber. Die Züricher Privatbank Coutts – eine Tochter der Royal Bank of Scotland – sagte, sie habe keinen Beweis, dass Daten in falsche Hände geraten seien. Der Verdacht: Kunden mit Vermögen im zwei- und dreistelligen Millionenbereich sollen Geld am deutschen Fiskus vorbei bei Coutts angelegt haben. Das Institut spricht von „Medienspekulationen“.

NRW lehnt Steuerabkommen ab

Dem NRW-Finanzministerium werden immer wieder Datensätze zum Kauf angeboten, die oft monatelang geprüft werden. Am Kauf der ersten Steuer-CD sollen neben der Wuppertaler Steuerfahndung auch die Oberfinanzdirektion Köln beteiligt gewesen sein.

Mit dem erneuten Ankauf einer CD mit Bankkundendaten wird das Steuerabkommen mit der Schweiz unwahrscheinlich. Das Bundesfinanzministerium war in den Ankauf offenbar nicht eingeweiht. CDU-Oppositionschef Karl-Josef Laumann warf dem NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) vor, das Abkommen als „selbsternannter Robin Hood“ zu torpedieren. Der CDU-Wirtschaftsexperte Michael Fuchs erwartet, dass die Schweizer Behörden aus „erheblicher Verärgerung“ kein Interesse mehr an einer Zusammenarbeit mit Deutschland haben werden.

Walter-Borjans hatte mehrfach erklärt, dass NRW das Steuerabkommen im Bundesrat ablehnen wolle, „weil es scheunentorgroße Schlupflöcher für Steuerhinterzieher enthält“. Eine Mehrheit im Bundesrat im November rückt in weite Ferne. Walter-Borjans verlangt eine Nachbesserung des Steuerabkommens. Da das Abkommen ohne Zustimmung der rot-grün geführten Länder keine Mehrheit bekommt, sei es folgerichtig, „dass wir uns nicht schon jetzt so verhalten, als ob das Abkommen bereits gelten würde“, begründete Walter-Borjans die Ankäufe. Bereits 2010 und 2011 hatte NRW Steuer-CDs von Banken in der Schweiz und Luxemburg angekauft. Gegen tausende Kunden wurden Ermittlungen eingeleitet.

Die zu erwartenden Steuereinnahmen durch Auswertung der Steuer-CDs sind bisher kaum zu schätzen. In der Vergangenheit überstiegen die Einnahmen aber den Kaufpreis für die angebotenen Datensätze stets um ein Vielfaches.

Verzicht auf Strafverfolgung

Das Steuerabkommen sieht vor, dass angelegtes Schwarzgeld nachträglich mit 21 bis 41 Prozent versteuert wird. Im Gegenzug verzichtet der Staat auf strafrechtliche Verfolgung der Steuersünder. Die Namen der Steuerflüchtlinge sollen den deutschen Behörden nicht bekannt gemacht werden. Walter-Borjans hält das Abkommen deshalb für „nicht zustimmungsfähig“.

Dagegen sieht das Bundesfinanzministerium im Ankauf keine „dauerhafte Lösung“. Schließlich biete das geplante Abkommen eine steuerrechtliche Lösung für Altfälle wie für die Zukunft.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring sieht im CD-Ankauf einen offensichtlichen Verstoß der NRW-Landesregierung gegen das geplante Steuerabkommen. „Sie macht damit schon während des Ratifizierungsverfahrens deutlich, dass sie sich nicht an das Abkommen halten will“, sagte Döring dieser Zeitung. „Der Ankauf ist der falsche Umgang mit unserem Nachbarstaat. Das wird die politischen Gespräche über ein neues Steuerabkommen stark belasten“, so Döring. Finanzminister Walter-Borjans sei dafür verantwortlich, „dass rechtsstaatlich gehandelt wird“. Mit dem Ankauf setze er Anreize für Datendiebstahl in der Schweiz, so Döring. „Das darf nicht zur Regel werden.“