Karlsruhe. 60 Minuten Fahrtzeit hin, 60 Minuten zurück: Das empfand ein Hartz-IV-Empfänger als unzumutbar. Er lehnte den Job ab. Daraufhin wurde ihm das Arbeitslosengeld gekürzt. Ein Sozialgericht in Karlsruhe hat jetzt entschieden: zu Recht. 60 Minuten Pendelzeit für eine einfache Wegstrecke seien für eine Vollzeitstelle zumutbar.
Hartz-IV-Empfänger dürfen ein Arbeitsangebot nicht deswegen ablehnen, weil Hin- und Rückfahrt zusammen rund zweieinhalb Stunden dauern. Das entschied das Sozialgericht Karlsruhe in einem Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz (Aktenzeichen: S 4 AS 1956/12 ER).
Damit wiesen die Richter den Antrag eines Arbeitslosen ab, die von der zuständigen Behörde verhängte Kürzung des Arbeitslosengelds II bis zum Abschluss des Hauptverfahrens auszusetzen. Von einer "erschwerten Erreichbarkeit" der angebotenen Arbeitsstelle in einer Tischlerei könne bei einer Fahrzeit von 60 bis 70 Minuten für die einfache Wegstrecke "in keiner Weise" gesprochen werden, urteilten die Richter. Da es sich bei der Stelle um eine Vollzeitbeschäftigung mit 35 Wochenarbeitsstunden gehandelt habe, wäre die tägliche Pendelzeit auch zumutbar gewesen.
Nicht gelten ließ das Gericht das Argument des Arbeitslosen, dass er im Bewerbungsgespräch lediglich um Bedenkzeit wegen des langen Anfahrtsweges gebeten habe, da er noch das Ergebnis anderer, laufender Bewerbungen abwarten wollte. Als Langzeitarbeitsloser sei der Antragsteller verpflichtet, jedes zumutbare Arbeitsangebot anzunehmen. Hätte er nach Arbeitsaufnahme tatsächlich eine näher gelegene Arbeitsstelle gefunden, wäre eine Eigenkündigung während der Probezeit leicht möglich gewesen, betonten die Richter. (dapd)