Spanien schlüpft zur Sanierung maroder Banken als viertes Land unter den Euro-Rettungsschirm, muss dafür aber keine zusätzlichen Sparprogramme wie zuvor Griechenland, Irland und Portugal auflegen.

Madrid/Brüssel (dapd). Spanien schlüpft zur Sanierung maroder Banken als viertes Land unter den Euro-Rettungsschirm, muss dafür aber keine zusätzlichen Sparprogramme wie zuvor Griechenland, Irland und Portugal auflegen. Die Regierung in Madrid verkündete am Samstagabend nach hartem Ringen mit der Eurogruppe um die Details des Deals, sie werde Hilfe für die von einer geplatzten Immobilienblase angeschlagenen Banken beantragen und dafür auch gerade stehen.

Wirtschaftsminister Luis de Guindos nannte vor Journalisten keine konkrete Summe. Die Eurogruppe sagte nach stundenlangen telefonischen Beratungen zuvor bereits bis zu 100 Milliarden Euro zu. De Guindos sagte, den genauen Betrag werde die Regierung nach einer unabhängigen Prüfung des Bankensektors nennen, deren Ergebnis spätestens am 21. Juni vorliegen werde. Es solle genug Geld für die Rekapitalisierung der Banken plus ein Sicherheitspuffer in beträchtlicher Höhe beantragt werden.

Ähnlich äußerte sich Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker. Der Betrag müsse die notwendige Rekapitalisierung und einen Sicherheitspuffer abdecken und solle vom befristeten Schirm EFSF oder vom dauerhaften Schirm ESM überwiesen werden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte die Lücke am Freitag auf mindestens 40 Milliarden Euro beziffert.

De Guindos betonte, dass die Finanzhilfe sich auf das Bankensystem Spaniens beschränken werde und das Geld für das Land kein Rettungspaket sei, wie es Griechenland, Irland und Portugal erhalten hatten. Tatsächlich muss sich Madrid keinem umfassenden Sanierungsdiktat der Troika aus IWF, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) beugen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) begrüßte wie seine Kollegen "die Entschlossenheit" der Regierung, das Bankenproblem mit Hilfe der Euroschirme zu lösen. Zugleich betonte er, nicht die Banken, sondern Spanien bekomme das Geld. Damit hafte Madrid für die Milliardenhilfen und habe zugleich die Aufsicht über die Banken. Schäuble will erreichen, dass die Hilfe aus dem ESM kommt, und nicht aus dem EFSF. Das wäre "noch besser, weil der ESM effizienter ist", erklärte er. Und deswegen sei eine rasche Ratifizierung notwendig. Im EFSF sind derzeit noch 250 Milliarden Euro verfügbar, der ESM hat noch 250 Milliarden Euro zusätzlich.

Auch die EU-Kommission äußerte sich über die spanische Ankündigung zum Griff nach dem Rettungsschirm und die Hilfszusage der Eurogruppe erleichtert. Brüssel stehe bereit, nun rasch vor Ort die Bedingungen für den Finanzsektor auszuhandeln, teilten Kommissionschef José Manuel Barroso und Währungskommissar Olli Rehn mit.

IWF-Direktorin Christine Lagarde begrüßte ebenfalls die Ankündigung der Eurogruppe, Spanien bei seinen Bemühungen zur Stärkung des spanischen Bankensektors zu unterstützen. Der Weltwährungsfonds stehe bereit, "um die Umsetzung und Überwachung dieser finanziellen Hilfe durch regelmäßige Berichterstattung zu unterstützen". Auch US-Finanzminister Timothy Geithner begrüßte die spanische Entscheidung und die Hilfe der Euroländer. Diese seien willkommene Maßnahmen in Richtung einer Eindämmung der europäischen Schuldenkrise. Präsident Barack Obama hatte bereits am Freitag aus Sorge über ein Übergreifen auf die USA eine Lösung der Krise angemahnt.

Mehrere Nordländer wollten Madrid zu weiteren Reformen zwingen, was De Guindos aber erfolgreich abwehren konnte. Die Bedingungen blieben auf den Finanzsektor beschränkt, heißt es in der Erklärung der Eurogruppe.

Die Euroländer - allen voran Deutschland - hatten Spanien zum Griff zum Eurotropf gedrängt. Dort sind viele Geldhäuser nach dem Platzen der Immobilienblase mit faulen Krediten vollgesogen. Wegen der Unsicherheit ist die Kreditwürdigkeit des Staates angekratzt, das Land muss bedrohlich hohe Zinsen zahlen. Die Euroländer wollten Madrid noch vor der Griechenland-Wahl am nächsten Sonntag abschirmen, wenn sich die Krise bei einem Sieg der radikalen Kräfte verschlimmern könnte.

Analysten bewerteten die Entwicklung vorsichtig positiv. Rafael Pampillon von der IE Business School in Madrid sagte, "diese Ungewissheit und die daraus resultierene Panik, wird langsam aus den Märkten verschwinden". Eswar Prasad von der Brookings Institution sagte, die Entscheidung verschaffe der Eurozone zumindest vorläufig Luft.

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