Düsseldorf. . NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider sieht vor allem die Bundesregierung im Fall Schlecker in der Pflicht. Er regte bei einem Treffen mit Schlecker-Mitarbeitern einen zeitlich befristeten Sonderfonds an. Eine Hilfe von NRW allein lehnte er jedoch ab.
Nach dem Ende für die Drogeriekette Schlecker will der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider die Bundesregierung stärker in die Pflicht nehmen. In einem Schreiben an Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) habe er die Einrichtung eines Sonderfonds gefordert, sagte der SPD-Politiker am Montag in Düsseldorf. Dieser Fonds solle für eine "unbürokratische Überbrückungszeit" von zwei bis drei Monaten laufen. Zudem solle mit anderen Bundesländern über ein gemeinsames Engagement auf Länderebene gesprochen werden.
Einen nordrhein-westfälischen Alleingang schließt Schneider allerdings aus. Solch eine Lösung auf Landesebene werde es nicht geben, sagte der Politiker. Stattdessen wolle die Landesregierung "zeitnah" mit der Bundesagentur für Arbeit sprechen und die Vermittlung der Tausenden Schlecker-Beschäftigten beschleunigen.
Derweil zog die "Rheinische Post" eine Meldung zurück, wonach Schneider eine finanzielle Unterstützung für den insolventen Schlecker-Konzern durch die öffentliche Hand ablehnt. Man habe NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider und den NRW-Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Bernd Jürgen Schneider verwechselt, hieß es. Die "Rheinische Post" zitiert demnach Bernd Jürgen Schneider mit den Worten: „Die Gemeinden und das Land können nichts tun: Sie haben weder die rechtlichen Möglichkeiten noch das Geld, Hilfen für einen maroden Betrieb zu zahlen, so bitter das für die Mitarbeiter ist“.
Schlechtere Job-Chancen
Für die vor der Entlassung stehenden Schlecker-Mitarbeiter ist die Arbeitsmarktsituation mittlerweile angespannter als noch im März. "Der Arbeitsmarkt ist nicht so aufnahmefähig, dass er das so kurzfristig wegstecken kann", sagte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit am Montag in Nürnberg der Nachrichtenagentur dapd. Im März mussten etwa 11.000 Schlecker-Mitarbeiter, vorwiegend Frauen, gehen. "Bei der ersten Entlassungswelle lag bei den meisten noch ein Sozialplan zugrunde", sagte die Sprecherin. Es seien die Angestellten mit den besten Chancen auf dem Arbeitsmarkt gewesen. Da sei die Arbeitsagentur noch verhalten optimistisch gewesen.
Nach der Entscheidung zur Stilllegung des Ehinger Unternehmens vom Freitag werden jetzt weitere mehr als 13.000 Mitarbeiter voraussichtlich Ende Juni gekündigt. "Es wird jetzt nicht leichter", sagte die Arbeitsagentur-Sprecherin. "Jetzt kommen Menschen, die zu einer Personengruppe gehören, die es per se schwieriger haben", sagte sie weiter. Dazu zählten ältere Mitarbeiter oder solche, deren Qualifikationsniveau nicht so hoch ist.
Derweil wollen die Arbeitnehmervertreter wissen, wie viel Geld die Eigentümerfamilie Schlecker noch besitzt. „Alle Fakten müssen jetzt auf den Tisch“, sagte die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Christel Hoffmann der „Bild“-Zeitung.
Schlecker-Familie lehnte offenbar Zahlung ab
Sie kritisierte zudem, dass die Eigentümerfamilie Presseberichten zufolge eine Zahlung von neun Millionen Euro an die Firma Schlecker abgelehnt hat, trotz eines Finanzpolsters von bis zu 40 Millionen Euro. „Wenn die neuen Vorwürfe stimmen, dann ist das eine Dreistigkeit, die durch nichts zu überbieten ist“, sagte Hoffmann. „Das Verhalten der Familie Schlecker gegenüber den Zehntausenden Mitarbeitern ist sozial und moralisch zu tiefst verantwortungslos.“
Der Insolvenzverwalter hatte dem „Spiegel“ gesagt, noch kurz vor dem Beschluss über die Zerschlagung am Freitag habe er die Familie Schlecker gebeten, einen finanziellen Beitrag zu leisten. Anton Schlecker sei zwar offiziell vermögenslos. „Aber die Familie hat noch Vermögen, und ich habe gefragt, ob sie bereit sei, eine Verlustfinanzierung zu leisten.“ Es sei um sieben bis neun Millionen Euro für den Monat Juni gegangen. Doch die Familie „war entweder nicht bereit oder nicht in der Lage“, diese Summe zu zahlen.
Hoffnung für Schlecker-XL
Unterdessen macht der Münchner Finanzinvestor Dubag den Mitarbeitern der Schlecker-XL-Läden Hoffnung. Er will nach einem Kauf der Schlecker-Firmen Ihr Platz und Schlecker-XL keine Stellen streichen. "Im Gegenteil, wir wollen den Mitarbeiterstamm aufbauen", sagte Dubag-Vorstand Michael Schumann der Münchner Zeitung "tz". Sowohl die Ihr-Platz-Firmenzentrale in Osnabrück als auch die Filialen sollten personell gestärkt werden. Schumann rechne damit, dass die Schlecker-Gläubiger wie auch das zuständige Insolvenzgericht Ulm der Übernahme kurzfristig zustimmen werden. Der Ihr-Platz-Insolvenzverwalter Werner Schneider hatte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag gesagt, dass er eine Zustimmung für sehr wahrscheinlich halte. Dubag wolle dann die etwa 340 Schlecker-XL-Geschäfte mit ihren rund 1.110 Beschäftigte dem Ihr-Platz-Filialnetz mit 490 Läden und rund 3.990 Mitarbeitern hinzufügen. (dapd/rtr)