Frankfurt/Main. Aktionäre hatten gegen fehlerhaftes Vorgehen beim dritten Börsengang geklagt. Das Gericht urteilte, Telekom habe keine Fehler gemacht. Gegen das Urteil kann allerdings noch Beschwerde eingelegt werden. Der Telekom-Mammutprozess zieht sich seit über elf Jahren.
Im Mammut-Prozess von 17.000 Kleinanlegern gegen die Deutsche Telekom hat der Konzern einen Zwischensieg errungen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main befand am Mittwoch, das Unternehmen habe in dem Anlegerprospekt für Aktionäre zu seinem dritten Börsengang im Sommer 2000 keine Fehler gemacht. Die Anwälte der Klägerseite kündigten umgehend an, Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einzulegen. (Az. 23 Kap 1/06)
Richterin Birgitta Schier-Ammann sagte, der Senat habe "keinen Prospektfehler" der Telekom feststellen können. Das Gericht erteilte damit Schadenersatzansprüchen der Aktionäre eine Absage.
Die von den Kleinaktionären kritisierten Angaben im Prospekt zur Übernahme des US-Mobilfunktunternehmens Voicestream im Jahr 2000 und zur Bewertung des Immobilienbesitzes der Telekom seien nicht zu beanstanden gewesen, sagte die Richterin. Dies war einer der Hauptstreitpunkte im Verfahren. Daneben ging es noch um eine Reihe weiterer Aspekte.
Aktionäre werfen Telekom fehlende Information vor
Im Rechtsstreit warfen die Aktionäre der Telekom vor, im Prospekt zum dritten Börsengang nicht ausreichend über wirtschaftliche Risiken für den Konzern informiert zu haben. Die Telekom war im Sommer 2000 durch den viele Milliarden Euro schweren Kauf von Voicestream in den US-Markt eingestiegen. Das Geschäft macht der Telekom bis heute massive finanzielle Probleme, belastet die Bilanzen - und damit den Aktienkurs.
Die Aktionäre argumentierten, der risikoreiche Kauf von Voicestream sei bereits vor der dritten Aktienplatzierung an der Börse am 19. Juni 2000 in trockenen Tüchern gewesen. Das Gericht urteilte nun, das Geschäft sei erst Ende Juli 2000 "abschließend und entscheidungsreif" verhandelt gewesen. Auch die Bewertung der Telekom-Immobilien habe der damaligen Gesetzeslage entsprochen.
Zahlreiche Aktionäre verloren mit Telekom-Aktien viel Geld, insbesondere beim dritten Börsengang des ehemaligen Staatskonzerns. Die Aktien waren im Sommer 2000 zum Preis von 63,50 Euro an Privatanleger ausgegeben worden. Heute notieren sie bei rund 8,80 Euro. Besonders gegenüber privaten Kleinanlegern aber war die Aktie als sichere Geldanlage beworben worden - als eine Art Volksaktie.
Prozess über elf Jahre
Der Telekom-Mammutprozess zieht sich seit über elf Jahren. Die Entscheidung vom Mittwoch gilt als wichtige Zwischenetappe auf dem Weg zu einem endgülten Urteil. Für den Prozess und mit Blick auf Anlegerklagen von ähnlicher Tragweite wurde in Deutschland 2005 sogar eigens ein Gesetz geschaffen, das Massenklagen von Kleinaktionären ermöglicht. Das sogenannte Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz wird immer wieder kritisiert, weil es nicht die erhoffte Vereinfachung für solche Prozesse brachte.
Der baden-württembergische Anwalt Andreas Tilp vertrat in dem Mammut-Prozess den Musterkläger, dessen Klage stellvertretend für die 17.000 klagenden Anleger verhandelt wurde. Tilp kündigte sofort nach dem Gerichtsentscheid an, Beschwerde beim BGH einzulegen: "Wir sind überzeugt davon, dass es der BGH im Sinne der Anleger richten wird." Es sei mit einer weiteren Verfahrensdauer von einem bis eineinhalb Jahren zu rechnen.
Telekom-Sprecher Andreas Fuchs sagte, durch den Entscheid sehe sich der Konzern in der Rechtsauffassung bestätigt, dass der Börsenprospekt Anleger richtig und vollständig informiert habe." Alle Vorwürfe der Musterklägerseite haben sich als substanzlos erwiesen", sagte Fuchs. (afp)