Essen. . Der Börsengang des Essener Chemieriesen Evonik ist wieder wahrscheinlicher geworden. Die Eigentümerin, die RAG-Stiftung, will flexibel mit dem prognostizierten Konzernwert umgehen. Evonik erwartet im laufenden Jahr mindestens einen stabilen Gewinn.

Der Börsengang des Chemiekonzerns Evonik mit dem ersten Handelstag am 25. Juni ist wahrscheinlicher geworden. Hintergrund ist die Aufweichung, den die Eigentümer bei der Mindestbewertung des Unternehmens machen. Bislang hatte Wilhelm Bonse­-Geu­king als Chef des Mehrheitseigentümers von Evonik, der Essener RAG-Stiftung, nach WAZ-Informationen intern einen Mindestwert von 15 Milliarden Euro für Evonik zur Bedingung für den angestrebten Aktienverkauf gemacht. Diese Grenze ist nun auf Arbeitsebene bei einem Treffen im Berliner Finanzministerium relativiert worden.

Die Bundesregierung hat bei der Entscheidung Gewicht, da sie im 13-köpfigen Kuratorium der Stiftung, die das Geld für die Begleichung der Ewigkeitskosten des Steinkohlebergbaus einsammeln muss, fünf Personen einschließlich des Vorsitzenden stellt. Bonse-Geu­king sagte dieser Zeitung: „CVC und Stiftung haben eine klare und unveränderte Vorstellung vom fairen Wert der Evonik, den wir im Börsengang realisieren wollen. Sie wird zudem durch die aktuelle Geschäftsentwicklung der Evonik und deren Ausblick unterstützt. Wir haben jedoch keine Zahlen genannt und kommentieren auch keine.“

Hintergrund: Ein allzu rigide ausgelegter Mindestwert könnte den Börsengang stoppen. Finanzfachleute berechnen den Wert eines Unternehmens anhand des erwarteten Ergebnisses vor Abzug der Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda), multipliziert mit einem in der Branche vergleichbaren Multiplikator. Dieser kann je nach Marktbedingungen schwanken und liegt für Unternehmen wie BASF oder Lanxess zwischen 5,2 und 6,4. Von dem vervielfachten operativen Ergebnis sind im Falle von Evonik Verbindlichkeiten und Pensionsverpflichtungen von 3,5 Milliarden Euro abzuziehen, hinzuzuzählen ist der Wert der Immobilien, der sich auf schätzungsweise zwei Milliarden Euro beläuft.

Evonik hat Wert von 13 Milliarden Euro 

Ginge man von einem operativen Ergebnis von 2,5 Milliarden Euro aus und einem Multiplikator von 6,5, käme ein Wert von 14,7 Milliarden Euro heraus. Davon ist aber noch ein Abschlag für den Börsengang von mindestens zehn Prozent abzuziehen, womit bei optimistischen Annahmen Evonik auf knapp 13 Milliarden Euro zu taxieren ist. Gleichwohl ist der Börsengang wahrscheinlicher geworden. Am 21. Mai entscheidet das Kuratorium, am 25. Juni könnte die Aktie erstmals an der Börse gehandelt werden.

An den erwarteten Geschäftszahlen sollte es nicht liegen. Evonik hat gestern mit den Zahlen zum zweiten Quartal eine leicht erhöhte Prognose für das Jahresergebnis veröffentlicht. Das operative Ergebnis werde „auf oder leicht über“ dem des Vorjahres liegen (Ebitda 2,77 Milliarden Euro). Der Konzern sei gut ins Jahr gestartet. Das bereinigte operative Ergebnis sei im ersten Vierteljahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um zehn Prozent auf 692 Millionen Euro gesunken, was aber auf die Herausrechnung des Verkaufs des Carbon-Black-Geschäftes zurückzuführen sei. Die Marge bezogen auf den Umsatz sei bei 20 Prozent (Vorjahresquartal 20,5) stabil geblieben. Evonik musste 64 Millionen Euro auf das Photovoltaik-Geschäft abschreiben, infolge der „hohen Wettbewerbsintensität“. Dies und ein weiterer Sonderfaktor führten zu einem Rückgang des Konzernergebnisses um 38 Prozent auf 269 Millionen Euro.