Berlin. . Denn der europäische Fiskalvertrag, den Kanzlerin Angela Merkel vorantreibt, bedroht den finanziellen Spielraum der Bundesländer und Kommunen. Der Vertrag könnte zu einer Verschärfung der deutschen Schuldenbremse führen.

Mehr Kita-Plätze? Nein, weniger. Ein neues Gewerbegebiet mit zusätzlichen Arbeitsplätzen am Stadtrand? Wird gestrichen. Der Begriff „Schuldenbremse“ könnte für die Bürger in den kommenden Jahren eine ganz neue Bedeutung erhalten. Denn der europäische Fiskalvertrag, den Kanzlerin Angela Merkel vorantreibt, bedroht den finanziellen Spielraum der Bundesländer und Kommunen.

„Möglicherweise führt der Fiskalvertrag zwischen 2014 und 2019 zu einer Verschärfung der deutschen Schuldenbremse“, sagte Angelica Schwall-Düren, die nordrhein-westfälische Europa-Ministerin, dieser Zeitung. Auch ihr Partei-Kollege Carsten Schneider, Haushaltsexperte der SPD, sieht das so: „In der bisherigen Form des Fiskalpaktes droht die europäische Sparpolitik den Druck auf die deutschen Länder, Städte und Gemeinden zu verstärken.“

Durch die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sind die Länder sowieso verpflichtet, spätestens 2020 keine neuen Kredite mehr aufzunehmen. Sollte der EU-Fiskalvertrag wie geplant beschlossen werden, kommen jedoch einige Regelungen hinzu – unter anderem ein Verfahren, um die alten Staatsschulden zu reduzieren.

Deutschland muss demnach seine gesamte Schuldenlast jährlich um rund 25 Milliarden Euro verringern. Wenn die Wirtschaft um zwei Prozent pro Jahr oder mehr wächst, ist das kein Problem, dann schrumpft der Schuldenberg fast automatisch. Betrüge das Wachstum aber nur ein Prozent – was eine ziemlich normale Größenordnung ist – würde es schon eng.

Zum Ausgleich müsste manch Landeshaushalt erheblich gekürzt werden

Ein Prozent Wachstum entspricht zwar etwa den 25 Milliarden Euro, um die die Altschulden sinken sollen. Gegenrechnen muss man aber die neuen Schulden, die arme Länder wie NRW, Schleswig-Holstein oder Berlin auch dann noch brauchen. Das heißt: Zum Ausgleich müsste mancher Landeshaushalt erheblich gekürzt werden. Eine vorsorgende Sozialpolitik, wie sie die SPD in NRW betreiben will, wäre dann illusorisch.

CDU-regierte Länder wie Hessen teilen diese Sorgen offiziell nicht. Offen ist aber, wie sie sich zum Antrag der SPD-regierten Länder verhalten, den diese im Bundesrat zur Abstimmung stellen. Darin heißt es: „Der Bundesrat sieht bei der Umsetzung des Fiskalpaktes noch erheblichen Klärungsbedarf.“

In der grün-roten Landesregierung Baden-Württembergs sieht man das ähnlich. Europa-Minister Peter Friedrich (SPD) betont: „Wir werden als Bundesrat nicht einer buchstäblichen Katze im Sack zum Verfassungsrang verhelfen.“ SPD-Finanzminister Nils Schmid ist etwas entspannter. Er sagt, Deutschland sei auf einem guten Weg, auch die Verringerung der alten Schulden zu schaffen.

Was aber, wenn nicht? Dann tritt möglicherweise Plan B in Kraft, den die SPD in Landesregierungen und Bundestag bereits ausarbeitet. Er heißt „Steuererhöhungen“. Auch dieses Thema steht bereits am Freitag auf der Tagesordnung des Bundesrates.