Essen. . Der von den verschuldeten Gemeinden getragene Verkehrsverbund Rhein-Ruhr heizt den Wettbewerb mit einem Finanzierungsmodell für Züge für Konkurrenten der Deutschen Bahn (DB) an. Dies stößt aber bei der DB auf Kritik.

Seit 1996 gibt es Wettbewerb im Personen-Nahverkehr auf der Schiene. Das System – S- und Regionalbahnen – muss künftig mit weniger Geld auskommen. Der Staat kürzt die Zuschüsse. Gleichzeitig gibt es einen Investitionsstau. Über die Frage, wie Mobilität für die Masse in NRW aufrecht erhalten werden kann, gibt es daher eine hitzige Debatte.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), Besteller von Zügen, stützt zum Wohle des Wettbewerbs die Konkurrenz von Marktführer Deutsche Bahn Regio und greift regulierend ein. Ziel: sinkende oder stabile Preise. Die DB rümpft die Nase und wundert sich über die Risikobereitschaft der hoch verschuldeten Gemeinden, die den VRR tragen.

Darum geht es

Der VRR, in dem 19 Städte und sieben Kreise vertreten sind, hat vor zwei Jahren das Fahrzeugfinanzierungsmodell erfunden. Verkehrsunternehmen, die sich im Wettbewerb um Strecken durchgesetzt hatten, mussten bis dahin auch die geforderten Züge stellen und kaufen. Weil vor allem Mittelständler ohne Marktmacht schlechtere Preise und Kreditkonditionen zum Erwerb von Züge bekamen, hat der VRR reagiert: Er bietet nun an, die bestellten Züge dem Verkehrsunternehmen abzukaufen.

Der Verband nutzt günstigere Kommunalkredite zur Finanzierung und verpachtet die Züge zurück. Mit dem Pachtzins werden die Kreditzinsen bezahlt. Derzeit bastelt der VRR zudem an einem anderen Modell: Für den Rhein-Ruhr-Express (RRX) , der spätestens 2025 die Städte in Rheinland, Ruhrgebiet und Westfalen im 15-Minuten-Takt mit bis zu 160 Kilometern pro Stunde verbinden soll, will der VRR die ersten 60 bis 65 Doppelstock-Züge kaufen und von den Herstellern betreiben und warten lassen. Investitionsvolumen: bis zu 600 Millionen Euro.

Das sagt die Bahn

„Der VRR macht sich zum Fahrzeugunternehmer. Das ist eine Fehlentwicklung, die den hoch verschuldeten Staatshaushalten unglaubliche Risiken aufbürdet“, sagt Heinrich Brüggemann, DB-Regio-Chef in NRW. Bei einer Haltbarkeit der Züge von 20 bis 25 Jahren sei fraglich, ob Schäden und Folgekosten für den Bürger verbindlich auszuschließen seien. Die Staatsunternehmen aus dem Ausland, die über Firmentöchter in NRW um Umsätze kämpften, rieben sich die Hände. Dabei müssten sie mit dem Problem eigentlich allein fertig werden. „Die Mutterkonzerne könnten ihre gute Bonität an die Töchter weitergeben, schon hätten sie die selben Bedingungen wie wir“, sagt Brüggemann. Für DB Regio ist der Erwerb von Zügen durch Städte und Kreise eine Abkehr vom echten Wettbewerb. Der finde eben auch über die Zugbeschaffung statt.

Das sagt der VRR

Vorstand Martin Husmann lässt keine Gelegenheit aus, das Fahrzeugfinanzierungsmodell zu loben. Ohne dies würden kaum Konkurrenten der Deutschen Bahn am Wettbewerb teilnehmen, weil die Marktmacht der DB – „mit dem Bund im Rücken“ – die Erfolgsaussichten atomisiere. Überall dort, wo das Modell zum Tragen gekommen sei, seien die Preise stabil geblieben oder gesunken. Dem VRR gehören bisher zehn Züge, die auf der Linie RB 47 zwischen Solingen und Wuppertal fahren. Beim RRX stehe eine Entscheidung im Herbst an. Der VRR will hier gemeinsam mit Nahverkehr Rheinland und Westfalen-Lippe kooperieren und den Kauf von 60 bis 65 Zügen ausschreiben. Damit die Industrie ein Interesse an werthaltigen Fahrzeugen habe, soll diese per Vertrag mit der Wartung beauftragt werden. „Die Züge sind nach 22 Jahren abbezahlt“, so Husmann. Danach spielten sie sogar Geld ein.

Das sagt die Politik

Dem Land gehe es vor allem darum, den superschnellen RRX mit einheitlichen Zügen fahren zu lassen, so das NRW-Verkehrsministerium. Das ist kompliziert, weil die Regional-Express-Linien 1,5,6 und 11, die später im RRX-Konzept aufgehen sollen, bereits bis Ende 2016 für 15 Jahre neu ausgeschrieben werden. Zudem könnten die RRX-Strecken von verschiedenen Verkehrsunternehmen betrieben werden. „Deshalb können alternative Fahrzeugfinanzierungsmodelle eine wichtige Rolle spielen“, sagt Ministeriumssprecher Bernhard Meier.

Noch aber gebe es keine Entscheidung. Meier vielsagend: „Die letzten Ausschreibungen haben leider gezeigt, dass im Schienennahverkehr zurzeit ohne von die Verkehrsbestellern initiierte Finanzierungskonzepte mangels Bewerbern kaum noch Wettbewerb zustande kommt.“