Frankfurt/Main, München. . Der vor kurzem vereinbarte Vergleich zwischen der Deutschen Bank und den Erben des verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch ist gescheitert. Das hat der Vorstand der Bank entschieden. Der scheidende Bank-Chef Ackermann hatte eine Zahlung von 812 Millionen Euro ausgehandelt. Der Bank ist das im Blick auf weitere Aktionärsklagen zu hoch.

Der zehnjährige Rechtsstreit der Deutschen Bank mit der Familie des verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch geht nun doch weiter. Der Bank-Vorstand lehnte einen fertig ausgehandelten Vergleichsvorschlag nach sorgfältiger Prüfung einvernehmlich ab, wie das größte deutsche Geldhaus am Donnerstag mitteilte. Dabei sei auch der Rat interner und externer Juristen berücksichtigt worden. Die Bank hätte Verhandlungskreisen zufolge gut 800 Millionen Euro zahlen müssen. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte am Wochenende erfahren, dass Anwälte Zweifel geäußert hätten, ob ein solch teurer Vergleich Klagen anderer Aktionäre standhalte. Finanzkreisen zufolge bildet die Bank weiter keine Rückstellungen für den Rechtsstreit. Ob der Verhandlungsfaden nun wieder aufgenommen wird, blieb zunächst offen.

In den vergangenen Jahren waren wiederholt Verhandlungen über eine außergerichtliche Einigung gescheitert. "So nah wie dieses Mal war man sich aber noch nie", sagt ein Beteiligter. Bankchef Josef Ackermann will seinen Nachfolgern Anshu Jain und Jürgen Fitschen Ende Mai das Haus besenrein übergeben, wie er jüngst ankündigte. Daher hatten viele erwartet, dass der Vergleich akzeptiert werden könnte. Doch seit einigen Tagen zeichnete sich eine Ablehnung ab.

3,5 Milliarden Euro Schadenersatz gefordert

Die Kirch-Familie macht die Deutsche Bank für den Zusammenbruch des Medienimperiums verantwortlich. Ex-Bankchef Rolf Breuer hatte in einem Interview vor zehn Jahren Zweifel an der Kreditwürdigkeit Kirchs geweckt. Nach Ansicht des 2011 gestorbenen Unternehmers drehten die Banken dem Konzern deswegen den Geldhahn zu. Mit seinen Äußerungen löste Breuer eine Klagewelle Kirchs gegen das Institut aus - mehr als drei Dutzend Verfahren waren oder sind noch anhängig. Er hatte in der Spitze bis zu 3,5 Milliarden Euro Schadenersatz gefordert.

Die Fehde hat sich zum größten Rechtsstreit der deutschen Unternehmensgeschichte entwickelt. Das zentrale Verfahren läuft vor dem Oberlandesgericht in München. Hier musste die Bank jetzt allerdings einen Rückschlag einstecken. Der Befangenheitsantrag des Instituts gegen den zuständigen Richter Guido Kotschy sei abgelehnt worden, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen. Mit dem Antrag wollte das Geldhaus den Prozess um milliardenschwere Schadenersatzforderungen zu seinen Gunsten drehen. Richter Kotschy hatte in dem Verfahren mehrmals auf Widersprüche der Bank verwiesen.

"Ohne Vergleich dürfte es teurer werden für die Bank", heißt es von der Kirch-Seite. Die Entscheidung der Bank, den Vergleichsvorschlag abzulehnen, nehme die Kirch-Seite gelassen zur Kenntnis, sagte ein Sprecher der Kirch-Erben am Donnerstag in München. Die Kirch-Seite "schüttelt den Kopf über das offensichtliche Führungschaos an der Spitze der Bank", erklärte er.

Schlechte Nachricht auch für Kirch-Gläubiger

Das Scheitern des Vergleichs zwischen den Kirch-Erben und der Deutschen Bank ist auch für die Gläubiger des vor zehn Jahren zusammengebrochenen Medienimperiums eine schlechte Nachricht. Denn das Geld wäre nur etwa zur Hälfte an Witwe Ruth, Sohn Thomas und Stiftungen von Leo Kirch gegangen, wie aus Gläubigerkreisen zu erfahren war.

Die andere Hälfte der Summe hätten die Gläubiger der insolventen Kirch Media erhalten. Diese hatten Forderungen von insgesamt rund vier Milliarden Euro angemeldet, in bisherigen Zahlungen sind mehr als 600 Millionen Euro zusammengekommen.

In früheren Schätzungen war davon ausgegangen worden, dass sie etwa eine Milliarde von den vier Milliarden Euro wiedersehen könnten. Die kolportierten Vergleichssummen hätten da einen deutlichen Sprung nach oben bedeutet. Verloren ist diese Chance für die Gläubiger allerdings noch nicht. Der Rechtsstreit wird nun wohl weitergehen. Und die Kosten trägt die Kirch-Seite. (rtr/afp/dapd)