Essen. . Eigentlich wollten die bisherigen Eigner, der Lkw-Hersteller MAN und der Staatsfonds Ipic aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, den Essener Industriekonzern Ferrostaal zum 1. März verkaufen. Doch die Übernahme durch die Hamburger Beteiligungsgesellschaft MPC verzögert sich.

Die Übernahme des Essener Industriekonzerns Ferrostaal durch die Hamburger Beteiligungsgesellschaft MPC verzögert sich nach Informationen der WAZ-Mediengruppe. Ursprünglich wollten die bisherigen Eigner, der Lkw-Hersteller MAN und der Staatsfonds Ipic aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, den Konzern zum 1. März verkaufen. Bis jetzt liegen aber noch nicht alle Genehmigungen ausländischer Kartellbehörden vor, bestätigte ein MPC-Sprecher. Aktuell fehlt noch das Einverständnis der rumänischen Wettbewerbshüter, um den deutschen Konzern verkaufen zu dürfen. Nach Einschätzung des MPC-Sprechers handelt es sich hierbei allerdings nur um eine Formalie, die den Kauf nicht grundsätzlich in Frage stellt. Eine Entscheidung wird bereits in der kommenden Woche erwartet.

Angestellte sind verunsichert

Ein unwesentliches Detail, sollte man meinen. Doch die Verzögerung verunsichert die Angestellten im angeschlagenen Konzern. Unmittelbar nach Übergabe der Mehrheit an MPC soll eigentlich die Spitze bei Ferrostaal neu besetzt werden. „Darauf setzen hier die Mitarbeiter“, sagt ein Insider. „Die jetzige Situation lähmt uns.“ Denn noch dürfen Vorstandschef Jan Secher und der Aufsichtsratschef Georg Thoma über das Unternehmen entscheiden. Und das nicht immer im Sinne der zukünftigen Besitzer.

So hat Secher in der vergangenen Woche eine Schadensersatzklage gegen den früheren Ferrostaal-Chef Klaus von Menges erheben lassen. Secher wirft dem Ex-Manager vor, Korruption nicht ausreichend verhindert und damit die aktuelle Ferrostaal-Krise verursacht zu haben. Von Menges hatte Ferrostaal bis 2003 geführt.

Bestechungsvorwürfe

Bei seinen Vorwürfen stützt sich Secher auf Ferrostaal-Anwälte, die der Staatsanwaltschaft München zugearbeitet haben. Sie hatten behauptet, in der Zeit von Menges’ habe die Bestechung ausländischer Amtsträger begonnen, um den Umsatz des Konzerns anzukurbeln. Beispielsweise soll Ferrostaal den Verkauf von U-Booten in Griechenland mit Schmiergeld angeschoben haben. Im Frühjahr 2011 erhoben die Staatsanwälte Anklage gegen zwei Ex-Manager von Ferrostaal und forderten vom Konzern 277 Millionen Euro als Strafe.

Allerdings konnten die Staatsanwälte die Vorwürfe nur schwer beweisen. Am Ende blieb ein Restbetrag von wenigen Millionen Euro übrig, die möglicherweise unberechtigt gezahlt worden sein sollen. Die meisten Anschuldigungen lösten sich in Luft auf.

Geldbuße von 140 Millionen Euro

Unter anderem deswegen stimmten die Staatsanwälte einem Deal vor Gericht zu. Die beschuldigten Ex-Manager akzeptierten Bewährungsstrafen sowie Geldstrafen in Höhe von einigen zehntausend Euro, gleichzeitig erklärte sich Ferrostaal bereit, eine Geldbuße in Höhe von knapp 140 Millionen Euro zu bezahlen. Im Gegenzug stellte die Staatsanwaltschaft die Verfolgung ein. Ein Ende mit Schrecken, dem auch die neuen Eigentümer zustimmten.

Allerdings fordert Secher nun vom ehemaligen Ferro-staal-Chef Klaus von Menges einen Betrag von über 15 Millionen Euro, für dessen angebliche Mitschuld an der hohen Strafzahlung. Bei den Anschuldigungen stützt sich Secher auf ein Gutachten aus dem vergangenen Jahr. Dieses Gutachten warnte vor einer Verjährungsfrist, sollte von Menges bis Ende Februar 2012 nicht juristisch angegriffen werden. Monatelang lag das Gutachten herum. Kurz vor Ende der Frist reichte Secher schließlich die Klage ein.

Juristischer Kleinkrieg

Bei den neuen Eigentümern stößt der Angriff auf wenig Gegenliebe. Statt einen Schlussstrich zu ziehen, verlängert Secher den juristischen Kleinkrieg. Zudem stehe die Klage auf dürren Beinen. Nur schwer könne von Menges eine Schuld an einem Bestechungssystem nachgewiesen werden, das noch nicht einmal die Staatsanwaltschaft beweisen konnte.

Doch nicht nur die Menges-Klage ist nicht wirklich im Sinne der neuen Ferrostaal-Eigner. Mitarbeiter beschweren sich unter der Hand, dass mehrere hundert Leute entlassen worden seien, die für die Zukunft gebraucht würden. Mit den Spezialisten im Auslandshandel sei das Wissen um das Geschäft verloren gegangen. Dabei hatte Secher noch kurz nach seinem Amtsantritt gesagt: „Der einzig wahre Wert, den wir haben, sind Sie: unsere Mitarbeiter mit ihrem individuellen Know-How.“