Paris. . Der deutsche Thomas Enders steigt bei Europas größtem Flugzeugbauer EADS an die Spitze auf. Eine Entscheidung mit politischer Tragweite in dem deutsch-französischen Konzern.

Er gilt als knallharter Manager, der strategisch denkt und sich gegen zu viel staatliche Einflussnahme zur Wehr setzt: Der deutsche Airbus-Chef Tom Enders, der nun an die Spitze des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS rücken soll, hat auch um diese neue Führung unnachgiebig gekämpft. Zwar blockierte die französische Regierung zeitweise seine Nominierung, weil sie ein deutsches Übergewicht durch Enders' Pläne befürchtete. Doch am Ende setzte der 53-Jährige offenbar seinen Willen durch.

Bei dem Streit ging es wieder um die alten deutsch-französischen Reibereien: Der französische Staat, der mit 15 Prozent an EADS beteiligt ist, wollte angeblich Enders' Personaltableau für die neue Führungsriege bei EADS und der Tochter Airbus nicht akzeptieren. Zu viele Deutsche, zu wenig Franzosen, hieß es. "Tom wird das nicht von einem Staat mit sich machen lassen", zitierte das "Hamburger Abendblatt" einen Insider. Sonst könnte Enders womöglich alles hinschmeißen: "Dann müssten sie sich einen anderen Chef suchen."

Spitzname "Major Tom"

So weit wollte es die Regierung in Paris doch nicht kommen lassen, denn Enders ist unumstritten einer der Top-Manager. Der frühere Fallschirmjäger bei der Bundeswehr, der deshalb den Spitznamen "Major Tom" trägt, konnte zuletzt als Airbus-Chef glänzende Bilanzen vorlegen. Im vergangenen Jahr schnellten die Bestellungen auf eine Rekordzahl von 1419 Maschinen, der US-Konkurrent Boeing wurde zum wiederholten Male abgehängt.

Enders, der als direkt und zuweilen auch undiplomatisch bekannt ist, setzte bei Airbus ab 2007 ein umfassendes Sanierungs- und Rationalisierungsprogramm um. Trotz vieler Erfolge - insbesondere mit dem spritsparenden Mittelstrecken-Kassenschlager A320neo - bestehen allerdings eine Reihe von Baustellen fort: technische Probleme beim Riesen-Airbus A380, Lieferprobleme beim Militärtransporter A400M und Verzögerungen beim Langstreckenflugzeug A350.

Entmutigen ließ sich Enders durch Rückschläge noch nie, denn für ihn zählt die längerfristige Perspektive. Es sei nicht entscheidend, früher oder später mit einem Flugzeug am Markt zu sein, das Produkt müsse besser sein, sagte er kürzlich der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Mit Blick auf eine mögliche Aufholjagd des US-Konkurrenten Boeing stichelte der begeisterte Sportler: "Wir sind hier nicht in einem Testosteron-Rennen."

Steile Karriere

Der vierfache Familienvater Enders spricht aus persönlicher Erfahrung, wenn er darüber redet, wie man sich unermüdlich an die Spitze kämpft: Der Älteste von vier Brüdern wuchs im Westerwald als Sohn eines Schäfers auf. Zuhause musste er von klein auf mithelfen und hart anpacken. Dank einer Lehrerin, die seine Begabung erkannte, kam er aufs Gymnasium. Später studierte er Politik, Volkswirtschaft und Geschichte, 1987 erhielt er den Doktortitel. Zunächst arbeitete er als Sicherheitsexperte in der Politik, anfangs bei der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, später für den Planungstab des Verteidigungsministeriums.

Zur Industrie kam Enders erst 1991, als er zur Deutschen Aerospace (Dasa) wechselte. Auch dort legte er eine steile Karriere hin, war am Ende Chef der Unternehmensentwicklung und dadurch bis 1999 an den Verhandlungen beteiligt, die zur Gründung der europäischen EADS führten. Ab 2000 leitete er dort die Sparte Rüstung. Einige Jahre später stieg er in die damals noch bestehende EADS-Doppelspitze als Ko-Vorstandschef auf.

Aus seiner Abneigung gegen nationalistisches Denken machte Enders nie einen Hehl. Und als die konfliktträchtige Doppelspitze 2007 abgeschafft wurde, begrüßte dies auch Enders, obwohl nicht er, sondern der Franzose Louis Gallois neuer EADS-Chef wurde. Zuletzt arbeiteten die beiden vergleichsweise reibungslos bei EADS und Airbus zusammen. Wenn es nach Enders geht, soll dies auch mit der neuen Führungsspitze so bleiben - trotz des Rückfalls in deutsch-französische Rangeleien vor seiner Ernennung. (afp)