Rom/Berlin. Die Rating-Agenturen sorgen weiter für Wirbel an den Finanzmärkten. Fitch ist mit der Lösung in der Euro-Schuldenkrise nicht zufrieden und droht Frankreich, Spanien und Italien mit einer Herabstufung. Moody's hat bereits das Rating von Belgien um zwei Stufen herabgesetzt.

Die Ratingagenturen zeigen sich von den politischen Anstrengungen um eine Lösung der Euro-Schuldenkrise unbeeindruckt. Fitch warnte am Freitag gleich sechs Euro-Länder vor einer Herabstufung schon binnen drei Monaten, darunter die Schwergewichte Italien und Spanien. Erst wenige Stunden zuvor hatte die neue italienische Regierung ein Milliarden-Sparpaket auf den Weg gebracht. Die Begründung der Fitch-Experten: "Nach dem EU-Gipfel vor gut einer Woche ist eine umfassende Lösung für die Euro-Zonen-Krise technisch und politisch außer Reichweite." Neben Italien und Spanien sind Belgien, Slowenien, Irland und Zypern nun Wackelkandidaten. Frankreich behielt zwar vorerst die Bestnote "AAA", bekam von Fitch aber einen negativen Ausblick attestiert. Damit droht der zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone nach Deutschland eine Herabstufung binnen zwei Jahren.

Herabstufung lässt Kreditkosten steigen

Auch die Ratingagentur Standard & Poor's hatte damit gedroht, die Ratings Frankreichs und Deutschlands sowie fast aller Euro-Mitglieder zu senken. Ein solcher Schritt würde Experten zufolge die Kreditkosten für den Rettungsschirm EFSF erhöhen. Dringenden Handlungsbedarf mit Blick auf Italien und Spanien sieht auch das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Erkki Liikanen. "Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass Entscheidungen verzögert und Ratings gesenkt werden", sagte der Chef der finnischen Zentralbank am Samstag in einem Interview mit dem Sender YLE. Es müsse dringend verhindert werden, dass die Schuldenkrise zu einer Flut von Herabstufungen und einer Kreditsperre führe, warnte Liikanen.

Kurz vor dem Fitch-Rundumschlag hatte bereits Moody's Fakten geschaffen und das Rating von Belgien um zwei Stufen gesenkt: Moody's begründete den Schritt mit der Tatsache, dass es Euro-Ländern mit einem relativ hohen Schuldenstand wie Belgien zunehmend schwer falle, sich an den Märkten Geld zu beschaffen. Auch die Belastungen für das Bankensystem durch die Rettung von Dexia hätten eine Rolle gespielt.

Der belgische Finanzminister Steven Vanackere zeigte sich in einem Reuters-Interview wenig überrascht von der Herabstufung. Dies bedeute, dass Belgien im kommenden Jahr unbedingt seine Defizit-Ziele einhalten müsse. Sollten regelmäßige Kontrollen im nächsten Jahr zeigen, dass das Land vom Kurs abgekommen sei, würden zusätzliche Maßnahmen umgesetzt. Belgien will das Defizit 2012 auf 2,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes senken.

Großbritannien verweigerte EU-Vertragsänderung

Eigentlich sollte der EU-Gipfel von vor gut einer Woche eine umfassende Lösung der Schuldenkrise bringen. Vereinbart wurde aber lediglich eine Fiskalunion sowie eine Aufstockung der IWF-Gelder. Großbritannien war für eine EU-Vertragsänderung nicht zu haben und isolierte sich damit von den anderen 26 EU-Ländern. Details zu den IWF-Mitteln sollen nach slowakischen Angaben am Montag bei einem Treffen der Euro-Finanzminister auf den Weg gebracht werden.

Die Missklänge zwischen den Euro-Zonen-Ländern hielten an. Der italienische Regierungschef Mario Monti warnte seine EU-Mitstreiter davor, die Gemeinschaft in einen "tugendhaften Norden" und einen "lasterhaften Süden" zu spalten. Die Antwort auf die Schuldenkrise sollte ein langfristig angelegter Entwurf sein und nicht nur den "kurzfristigen Hunger einiger Länder nach Härte" stillen - offenbar ein Seitenhieb in Richtung Deutschland.

Streit um Rolle der Europäischen Zentralbank

Ein Streitpunkt im Kampf gegen die Krise ist die Rolle der EZB. Die Einschätzungen der Ratingagenturen dürften den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, ihren Widerstand gegen eine stärkere Einbindung der EZB in die Lösung aufzugeben. Deutschland hat sich wiederholt klar gegen eine Ausweitung von Staatsanleihen-Käufen durch die EZB ausgesprochen.

In Paris bemüht sich die Regierung Beobachtern zufolge seit längerem, die Bevölkerung auf eine Herabstufung des Landes vorzubereiten. Das Thema könnte auch Einzug in den anstehenden Präsidentschaftswahlkampf halten. Fitch begründete die Entscheidung zu Frankreich mit höheren Risiken, die das Land im Zuge der Schuldenkrise eingehen müsse. Das französische Finanzministerium teilte mit, dass es die Bestätigung des AAA-Ratings zur Kenntnis genommen habe.

Auch Weltbank-Chef Robert Zoellick äußerte sich mit Sorge. Die finanziellen und wirtschaftlichen Probleme in der Euro-Zone seien alles andere als gelöst, sagte Zoellick. Besorgt zeigte sich der Amerikaner auch über die zunehmenden Spannungen zwischen Frankreich und Großbritannien. Die Politiker beider Länder sollten sich im Kampf gegen die Schuldenkrise ihrer Verantwortung bewusst sein und deshalb mehr Zurückhaltung üben. Die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens hatten sich zuvor erneut einen verbalen Schlagabtausch im Streit über den Kurs in der Schuldenkrise geliefert.