Essen. . Keine riesigen Kohlekraftwerke, erst recht kein Atomstrom: Kleinkraftwerke werden im Keller aufgestellt und versorgen vorrangig das eigene Haus. Der Herstelller hat ein ehrgeiziges Ziel: 100.000 Kleinkraftwerke wollen sie in Deutschland installieren. Bislang sind es erst 300.

Mitten im dichtbewohnten Stadtteil Essen-Frohnhausen steht ein neues Kraftwerk. Es befindet sich unsichtbar in einem Wohnhaus-Keller. Es wird von einem auf Gasbetrieb umgerüsteten Vierzylinder-Automotor angetrieben, den Volkswagen normalerweise in sein Modell Touran baut und der in einen Schrank passt.

Das „Zuhause-Kraftwerk“ in Essen ist eines der zehn ersten, die in NRW ans Netz gegangen sind. Weitere stehen in Gelsenkirchen und Castrop-Rauxel. Entwickelt hat den Mini-Meiler der Ökostromanbieter Lichtblick in Zusammenarbeit mit VW. Das Besondere: Das „Zuhause-Kraftwerk“ passt in fast jeden Keller, versorgt ein größeres Haus mit Wärme und produziert gleichzeitig dezentral Strom.

330 Kleinkraftwerke in Betrieb

Ende 2010 startete das erste Projekt. In Betrieb sind inzwischen 330. Auch die Essenerin Maria Lüttringhaus ließ sich das „Zuhause-Kraftwerk“ in ihr Haus in Frohnhausen einbauen. Die Entscheidung machte der überzeugten Anti-Atomkraft-Aktivistin nicht nur der ökologische Aspekt leicht.

Bis vor einigen Wochen hing an ihrem Haus ein riesiges „Atomkraft – nein danke“-Transparent. Das hat Lüttringhaus abnehmen lassen, weil das Haus gerade gestrichen wird. „Ich habe mir die Frage gestellt, was ich ganz privat zur Energiewende beitragen kann“, sagt die Betreiberin eines Instituts für Sozialraumorientierung: „Das Zuhause-Kraftwerk macht ein Fünfzigtausendstel eines Atomkraftwerks überflüssig."

Anlage bleibt im Besitz von Lichtblick

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Lüttringhaus entschied sich aber auch aus wirtschaftlichen Gründen dafür, ihre alte Brennwertheizung, die immer wieder ausfiel und deshalb Ärger machte, durch ein „Zuhause-Kraftwerk“ zu ersetzen. „Ich habe damit nichts mehr zu tun“, sagt sie. Denn die Anlage bleibt im Besitz von Lichtblick. Vom Firmensitz Hamburg aus wartet und steuert der Energieanbieter per Mobilfunk den Block.

Ralph Kampwirth von der Lichtblick AG erklärt das Geschäftsmodell: Der Kunde zahlt einen sogenannten Einbringungszuschuss ab 5000 Euro. „Dafür bauen wir die alte Gasheizung aus und das neue Kraftwerk ein.“ Pro Monat wird ein Grundpreis von 20 Euro fällig, der alle laufenden Betriebskosten abdeckt. Hinzu kommt der Wärmepreis, der sich am Gaspreis orientiert und den tatsächlichen Verbrauch abbildet. Kampwirth: „Der Kunde zahlt aber nur die tatsächlich verbrauchte Wärme.“

Kleinkraftwerke haben einen Wirkungsgrad von 90 Prozent

Kampwirth geht davon aus, dass „Zuhause-Kraftwerke“ nicht nur Kosten sparen, sondern auch den Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid um bis zu 60 Prozent senken. Der Lichtblick-Sprecher: „Unsere Technik wandelt das eingesetzte Erdgas zu über 90 Prozent in Energie um. Bei einem Kohlekraftwerk sind es nur 30 bis 45 Prozent.“

Im Sommer läuft das „Zuhause-Kraftwerk“ im Schnitt gerade einmal eine halbe Stunde pro Tag, um warmes Wasser zu erzeugen, das in Speichern heiß gehalten wird. Im Winter, wenn die Heizung läuft, sind es bis zu sieben Stunden. Der dabei erzeugte Strom gehört Lichtblick und fließt ins öffentliche Netz. 50 000 dieser Anlagen machen ein Atomkraftwerk überflüssig.

Lichtblicks Ziel: 100.00 "Zuhause-Kraftwerke"

Lichtblick hat das Ziel, 100 000 „Zuhause-Kraftwerke“ in ganz Deutschland an den Start zu bringen. „Sie können eine wichtige Ergänzungsfunktion für die Erneuerbaren Energien haben“, sagt Kampwirth. Wenn bei Sonne und Wind Flaute herrschen, springen die VW-Motoren ein.

Die „Klein-Kraftwerke“ mit 32 Kilowatt Wärme- und 19 Kilowatt elektrischer Leistung rechnen sich nach Angaben von Lichtblick erst für Gebäude, die einen Wärmebedarf von mindestens 40 000 Kilowattstunden haben. Das sind große Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser, Kindertagesstätten oder Gemeindehäuser. Sie brauchen einen freien Kellerraum und natürlich einen Gasanschluss.