Herne/Wanne-Eickel. Die Verwaltung hat bestätigt, dass auf der Thyssen-Halde illegaler Abfall gefunden worden ist. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an.

Auf der Thyssen-Halde in Wanne sind nicht genehmigte Stoffe abgeladen worden. Das erklärte Gerd Werner, Leiter des Fachbereichs Umwelt, am Donnerstag. Noch am Mittwochabend hatte die Stadt unter Verweis auf die staatsanwaltlichen Ermittlungen zu dieser Frage geschwiegen.

Für die Verwaltung ist die Nachricht von der illegalen Entsorgung alles andere als neu – liegt das Ergebnis des von ihr beauftragten Gutachters doch bereits seit September vor. Erst nachdem die Staatsanwaltschaft Bochum am Donnerstag in einem Telefonat grünes Licht gegeben hatte, informierte die Verwaltung die Öffentlichkeit.

Auch wenn noch immer einige Fragen unbeantwortet sind, so fügt sich das Bild dieses Umwelt-Krimis doch immer mehr zusammen. Nach WAZ-Informationen brachte ein Insider die Geschichte im Juni 2010 ins Rollen: Er informierte damals den Halden-Eigentümer ThyssenKrupp Real Estate darüber, dass das mit der Abdichtung und Rekultivierung 2006 beauftragte und seitdem eigenverantworltich handelnde Unternehmen Heinrich Becker GmbH nicht genehmigte Stoffe eingebaut habe. Doch damit nicht genug: Dieser Mr. X lieferte ThyssenKrupp auch noch konkrete Angaben, wo man denn zu buddeln habe. Gefunden worden sei anschließend trotz gründlicher Untersuchungen aber nichts, so ein Sprecher von Thyssen-Krupp zur WAZ.

Der Informant ließ nicht locker und gab seine Erkenntnisse einige Wochen später noch an OB Horst Schiereck und die Staatsanwaltschaft Bochum weiter. Nach intensiven Ermittlungen fanden Ende August 2011 erneut 14 Schürfungen in bis zu 4,50 m Tiefe statt – diesmal laut dem städtischem Gutachten mit „Erfolg“: Autoreifen, Holzreste, alte Klos, Textilien und andere Dinge traten zutage. Weitere Hinweise auf den Einbau von Reststoffen aus der Müllverbrennung Karnap oder hochbelasteter Gießereialtsand bestätigten sich bisher nicht.

Auch wenn weder Bauschutt und Hausmüll noch Gießereialtsand eine Gefahr für Umwelt und Bevölkerung darstellten, so die Stadt, bestehe wegen der Vorgeschichte der Halde doch Handlungsbedarf: Auf der Deponie lagern hochgiftige Gichtgasreinigungsschlämme aus dem früheren Hochofenbetrieb von Thyssen-Krupp. Der nicht zulässige Abfall könnte in Jahrzehnten bei der Verrottung die Dichtigkeit und Standfestigkeit der Deponie gefährden und damit auch das Grundwasser verseuchen.

Wie geht es weiter? Die Staatsanwaltschaft, die sich zum Verfahren nicht äußern will, ermittelt nach wie vor. ThyssenKrupp und der Anwalt Beckers erklärten auf WAZ-Anfrage, alles zu tun, um zur Aufklärung beizutragen. Sie haben - wie auch das Landesumweltamt - ebenfalls Gutachten über die im September genommenen Proben in Auftrag gegeben. Ergebnisse liegen, anders als bei der Stadt, aber noch nicht vor.

Alle Beteiligten beteuern, einen Konsens über die einzuleitenden Maßnahmen anzustreben. Es könnte für Becker -- neben möglichen strafrechtlichen Folgen – allerdings auch um viel Geld gehen. Bis zur Einstellung der Arbeiten Ende 2010 wurden 1,9 Millionen Tonnen Deponiestoffe angeliefert. Die Frage, ob und in welchem Ausmaß illegal eingebaute Materialien entfernt werden müssen, könnte letztlich vor Gericht landen.