Essen/Berlin. . Der Essener Chemiekonzern Evonik hat seinen Börsengang auf das Frühjahr 2012 verschoben. Das erfuhr DerWesten. Hintergrund: Im Zuge der Finanzkrise war die Aktie an den Börsen abgestürzt.
Der Börsengang von Evonik wird nicht mehr 2011 stattfinden. Zwar ist die Entscheidung noch nicht offiziell gefallen, doch ist die vorläufige Absage nach Informationen dieser Zeitung das Ergebnis eines Gespräches zwischen dem Chef des Evonik-Mehrheitseigentümers RAG-Stiftung, Wilhelm Bonse-Geuking, und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Hintergrund ist der heftige Absturz der Aktienkurse an den Börsen in Folge der Schuldenkrise einiger Euro-Länder. Die Evonik-Zahlen hingegen sind außerordentlich positiv. Ein Stiftungs-Sprecher bestätigte, dass die Entscheidung darüber auf der Kuratoriumssitzung am 23. September fällt. Wie diese Zeitung weiter erfuhr, sollen die Vorbereitungen des Börsengangs allerdings weiter laufen, um möglicherweise im Frühjahr 2012 einen neuen Anlauf zu nehmen. Vor einer offiziellen Absage des Börsengangs müssen noch die Eigentümer, also die RAG-Stiftung und der Investor CVC, sowie das Kuratorium der RAG-Stiftung entsprechende Beschlüsse fassen.
Debatte um Chef der RAG-Stiftung
Als unwahrscheinlich gilt, dass in dieser Telefon-Sitzung auch über die Nachfolge des Mitte 2012 ausscheidenden Stiftungsvorsitzenden entschieden wird. Bonse-Geuking ist am 26. August 70 Jahre alt geworden. Die Stiftung hat die Aufgabe, über den Verkauf von Evonik so viel Geld einzunehmen, dass damit die Ewigkeitskosten des Bergbaus (etwa das Abpumpen von Grubenwasser) zu bezahlen sind.
Die Spekulationen über die Besetzung dieser auch politisch bedeutsamen Position sind in vollem Gange. Politisch ist sie auch deshalb, weil die rot-grüne Landesregierung die Stiftung laut Koalitionsvertrag künftig deutlich stärker als industriepolitischen Akteur sehen will. Das würde bedeuten, dass die Stiftung – möglicherweise nach einer Änderung der Satzung – unternehmerisch deutlich aktiver würde. So könnte die Verzinsung des Kapitals höher ausfallen als bislang, hieß es in Kreisen der Landesregierung. Allerdings nur dann, wenn das Investment gut geht. Zudem soll auch der Kohleförderer RAG mehr unternehmerischen Spielraum erhalten: Hier stoßen Überlegungen zum Bau von Pumpspeicherkraftwerken unter Tage und auf Halden auf Gegenliebe.
Erste Namen kursieren
Letztlich entschieden wird die Personalie in dem Dreieck schwarz-gelbe Bundes-, rot-grüne Landesregierung und IG BCE. Sicher ist, dass SPD und CDU ein Personalpaket schnüren werden. Neben dem Vorstandschef scheidet im August auch der Vorsitzende des Stiftungskuratoriums, Ulrich Hartmann, aus. Offenbar hat sich Kanzleramtsminister Ronald Pofalla auf Ex-NRW-Finanzminister Helmut Linssen als Kandidaten festgelegt. In Kreisen der Grünen wurden deutliche Vorbehalte gegen eine politische Besetzung der Spitzenämter formuliert.
Weitere Namen, die kursieren: Ex-Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter, Ex-Henkel-Chef Ulrich Lehner, Ex-Evonik-Chef Werner Müller, der auf den Rückhalt der Grünen hoffen darf. WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach, der in Internet-Blogs ins Spiel gebracht worden war, wollte sich dazu nicht äußern. In internen Gesprächen habe Hombach zur Spekulation gesagt, sein Hut liege nicht im Ring.