Düsseldorf. Die Praxis des Onlinehändlers Amazon, Arbeitslose auf Kosten der Arbeitsagenturen auf Probe zu beschäftigen, sorgt weiter für Streit. Im Landtag warf NRW-Arbeitsminister Schneider (SPD) Amazon vor, sich „billige Arbeitskräfte zu rekrutieren“. Arbeitsagenturen und Opposition sehen das anders.

NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) hat die Angriffe auf den Internethändler Amazon erneuert. Die Praxis, Arbeitslose mit Probejobs auf Kosten der Arbeitsagenturen befristet als unbezahlte Kräfte einzusetzen, sei zwar legal, aber politisch problematisch. Schneider warf Amazon vor, sich „billige Arbeitskräfte zu rekrutieren“. Arbeitsagenturen und Opposition hingegen sehen in unbezahlten Probejobs eine Chance zum Wiedereinstieg für Hartz-IV-Empfänger in den Job.

Amazon hatte an den Standorten Rheinberg und Werne Tausende Arbeitslose für ein unbezahltes Praktikum vor allem im Weihnachtsgeschäft eingestellt. In Werne wurden 2011 von 1794 befristeten Beschäftigten 1629 Stellen subventioniert. Für die zweiwöchige Maßnahme zahlte die Arbeitsagentur je 400 Euro.

90 Prozent der Bewerber übernommen

Nach Angaben Schneiders führt die Förderpraxis nicht zur beruflichen Integration. So hätten von den 2011 im Jobcenter Unna geförderten 777 Personen nur 45 Prozent ein Arbeitsverhältnis bis zum 31. Januar 2012. „Arbeitslose brauchen aber eine langfristige Perspektive“, forderte Schneider.

Die Arbeitsagentur NRW hatte zuvor ausdrücklich davor gewarnt, die Trainingsjobs in den Firmen abzuschaffen. Sie verwies darauf, dass im Logistikzentrum Unna 90 Prozent der Bewerber nach der Testphase übernommen wurden, in Rheinberg noch 78 Prozent. Laut Gesetz ist ein von der Arbeitsagentur bezahltes Praktikum von bis zu vier Wochen möglich. 2011 zahlte die Arbeitsagentur bundesweit für 330 000 Trainingsmaßnahmen.

Unnötigen Wind gemacht?

„Hartz-IV-Abzocke“ oder „Perspektive für Arbeitslose“ – im NRW-Landtag ging die Bewertung der Beschäftigung von Praktikanten auf Kosten der Jobcenter weit auseinander. Der CDU-Abgeordnete Norbert Post warf dem Minister vor, mit der Skandalisierung der legalen Praxis bei Amazon unnötig Wind gemacht zu haben. SPD-Experten Günter Garbrecht sah hingegen keine Rechtfertigung für ein 14-tägiges unbezahltes Probetraining. Aus seiner Sicht müssten zwei bis drei Tage reichen, um die Eignung von Bewerbern zu testen. Ein „Sponsoring“ von Firmen durch die Arbeitsagenturen lehnten Sprecher von SPD, Grünen und Linkspartei entschieden ab.

Die NRW-Arbeitsagentur hat die systematische Förderung zur beruflichen Eingliederung (MAG) an den Amazon-Standorten seit dem 1.Oktober ausgesetzt. Damit soll verhindert werden, dass Aushilfskräfte lediglich als kostenlose Weihnachtsaushilfen missbraucht werden könnten. Amazon hatte den Vorwurf des Missbrauchs öffentlicher Gelder scharf zurückgewiesen.

Weil Arbeitsminister Schneider in einer ersten Reaktion zuvor Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Amazon-Praxis geäußert hatte, hagelte es gestern im Landtag Kritik der Opposition. Schneider habe ein erfolgreiches, legales arbeitsmarktpolitisches Instrument verunglimpft, klagte der CDU-Experte Peter Preuß. Schneider hält aber an der Kritik fest, dass sich einzelne Firmen durch unbezahlte Probebeschäftigungen von Arbeitslosen Wettbewerbsvorteile verschaffen.