Duisburg. . Der Duisburger Traditionskonzern Haniel muss sich einen neuen Vorstandschef suchen: Jürgen Kluge will seinen Vertrag über Ende 2012 hinaus nicht verlängern. Vor zwei Wochen erst hatte Kluge seinen Rücktritt als Vorsitzender des Metro-Aufsichtsrats angekündigt.

Der Duisburger Traditionskonzern Haniel steht vor einem personellen Neuanfang: Vorstandschef Jürgen Kluge hat überraschend angekündigt, seinen Vertrag nicht über Ende 2012 hinaus verlängern zu wollen. Die Suche nach einem Nachfolger ist bereits im Gange.

Mit Kluges Verzicht erreichen die Personalquerelen im Mischkonzern Haniel und seinen Beteiligungen ihren Höhepunkt. Vor zwei Wochen erst hatte Kluge seinen Rücktritt als Vorsitzender des Metro-Aufsichtsrats angekündigt. Haniel ist Mehrheitsaktionär des Handelsriesen, der sich zugleich einen neuen Vorstandschef suchen muss. Denn auch Eckhard Cordes hatte im Machtkampf um seinen Posten die Konsequenzen gezogen und steht für eine weitere Amtszeit an der Metro-Spitze nicht zur Verfügung. Kluge war an dieser Entscheidung nicht schuldlos.

Aus dem monatelangen Gezerre gehen nun beide Top-Manager als Verlierer hervor. Dabei können sich ihre Bilanzen inhaltlich durchaus sehen lassen: Cordes leitete Haniel und Metro von 2007 bis 2009 in Personalunion, bevor er ganz an die Spitze des Handelskonzerns wechselte. Er hat das einstige Sorgenkind, die SB-Warenhauskette Real, aus den roten Zahlen geholt, die Metro-Großmärkte modernisiert und das längst überfällige Online-Zeitalter in den Elektronikmärkten Media-Saturn eingeläutet.

Eine Menge Probleme geerbt

Auch Kluge räumte seit seinem Amtsantritt bei Haniel im Januar 2010 einige Baustellen ab. „Ich habe seinerzeit eine Menge Probleme geerbt“, sagte der 58-Jährige der FAZ im Hinblick auf die Tochterunternehmen CWS-boco (Waschraumhygiene und textile Dienstleistungen) sowie Celesio (Pharmazie). Auch führte Kluge die gewaltige Haniel-Verschuldung um 300 Millionen Euro zurück und begann damit, die üppig dimensionierte Duisburger Holding umzubauen und zu verschlanken.

Der studierte Physiker und gelernte Unternehmensberater zieht jetzt aber dennoch ernüchtert die Konsequenzen: „Der Vorstand hat die Kontrolle über das wichtigste Asset des Unternehmens verloren“, sagte er im Interview und meint damit den Handelskonzern Metro. Kluge vermisste dem Vernehmen nach aber auch die Unterstützung der 600-köpfigen Familie Haniel, der das Traditionsunternehmen gehört.

Clan-Chef Franz Markus Haniel hat nun alle Hände voll zu tun: In der nächsten Woche will er sich zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Metro wählen lassen. In dieser Funktion muss er einen neuen Vorstandschef suchen. Aber auch im eigenen Laden in Duisburg ist er nun gefragt: Denn nicht nur Kluge muss ersetzt werden. Am 30. April scheidet auch Klaus Trützschler aus dem Haniel-Vorstand aus.

„Ich werfe die Brocken nicht hin“

Um ein Führungsvakuum zu vermeiden, bat die Familie Haniel Kluge, seinen Vertrag zu erfüllen. „Ich werfe nicht die Brocken hin, sondern erfülle meine Aufgabe, bis eine geordnete Nachfolge geregelt ist“, erklärte der scheidende Manager daraufhin. Bis Ende 2012 wird er aber wohl dennoch nicht bleiben. Aus Konzernkreisen heißt es, dass Kluge womöglich mit der Vorlage der Bilanz am 2. Mai 2012 seinen letzten Auftritt für Haniel haben wird.

Trotz aller Querelen geht der Manager davon aus, dass der Mischkonzern ein gutes Geschäftsjahr hinlegen wird. Im Umgang mit der Vertragsverlängerung für Metro-Chef Cordes räumt er allerdings Fehler ein. Den Schritt vom Unternehmensberater zum Haniel-Boss bereut er indes nicht.

Die Haniel-Belegschaft kommt indes nicht zur Ruhe. Per Rundmail informierte sie ihr Chef Jürgen Kluge am späten Dienstag Abend, dass er 2012 aus dem Amt scheiden wird. Die Konzernzentrale in Duisburg-Ruhrort, die als überdimensioniert gilt, soll um rund 30 Prozent auf 175 Mitarbeiter verkleinert werden. Weltweit sind 58 000 Menschen für Haniel tätig.