Essen. . Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke im Gespräch mit der WAZ-Gruppe. Der Unternehmenschef sieht die Zukunft des Bochumer Werks vorläufig als gesichert an. Das Interview im Wortlaut.
Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke im Gespräch mit der WAZ-Gruppe. Das Interview im Wortlaut.
Die Eurokrise verunsichert viele Menschen. Spürt Opel schon die Auswirkungen?
Stracke: Der Automobilmarkt hat sich im laufenden Quartal leicht abgekühlt, und das dürfte sich auch 2012 fortsetzen. Die Finanzkrise ist in der Realwirtschaft angekommen. Aber die Situation ist nicht vergleichbar mit einer Rezession.
Im größten Opel-Auslandswerk in Saragossa gibt es schon Kurzarbeit. Droht eine ähnliche Entwicklung auch in Deutschland?
Gerade in Südeuropa haben die Verkäufe nachgelassen. Die Märkte in Frankreich, Spanien und Italien schwächeln. Das macht sich beim Absatz bemerkbar. Deshalb müssen wir auch in Eisenach einige Schichten ausfallen lassen, bis wir dort im nächsten Jahr mit dem Produktionsstart unseres neuen Kleinwagens durchstarten. .
Wie steht es um das Bochumer Werk?
Bochum ist sehr gut ausgelastet. Wir werden im kommenden Jahr in Bochum mehr Autos bauen als 2011. In diesem Jahr liegen wir bei rund 135.000 Fahrzeugen, für das nächste Jahr rechnen wir mit rund 170.000 Autos. Wir produzieren derzeit drei Modelle in Bochum – den Astra Classic, den Zafira Family und den neuen ZafiraTourer.
In der Vergangenheit gab es immer wieder die Sorge, dass Opel das Bochumer Werk schließen wird. Können Sie eine Standort-Garantie geben?
Bochum ist für uns ein wichtiges Werk. Wir können jetzt schon absehen, dass das Werk auch in den nächsten drei, vier Jahren gut ausgelastet sein wird. Allein für den Start des neuen Zafira-Modells haben wir 175 Millionen Euro in Bochum investiert.
Derzeit erarbeitet Opel einen neuen Produktionsplan, der noch über das Jahr 2015 hinausgeht. Wird Bochum dabei gut berücksichtigt?
Der Plan ist im Moment noch in Bearbeitung. Daher möchte ich über Details nicht spekulieren. Wir haben den Zafira noch lange für das Werk Bochum eingeplant.
Ist es möglich, dass in einigen Jahren die Geländelimousine Opel-Antara in Bochum produziert wird?
Das Bochumer Werk stellt mit dem Astra und dem Zafira wunderbare Autos her. Was danach kommt, ist derzeit reine Spekulation.
Sie hatten angekündigt, 1800 von ursprünglich rund 5000 Stellen in Bochum zu streichen. Bleibt es dabei?
Ja. Was den Stellenabbau angeht, ist alles verhandelt und zwischen Betriebsrat und Werksleitung vereinbart. Auch im kommenden Jahr werden uns noch einige Mitarbeiter verlassen. Aber das entspricht den bekannten Planungen.
Vor nicht einmal einem Monat mussten Sie 160 Beschäftigte in Bochum aus der Kurzarbeit zurückholen, um die Produktion des neuen Zafira anzukurbeln. War der Stellenabbau etwa zu groß?
Überhaupt nicht. Warum sollen die Mitarbeiter denn Kurzarbeit machen, wenn die Nachfrage nach den Fahrzeugen groß ist? Richtig ist: Bochum ist eines unserer Werke, das wegen des neuen Zafiras am besten ausgelastet ist. Das ist doch eine gute Nachricht!
Ist die Sanierung abgeschlossen?
Wir haben die Ziele, die wir uns gesetzt haben, erreicht. Insofern ist der Stellenabbau im Wesentlichen abgeschlossen, auch wenn einige Mitarbeiter das Werk im Rahmen der vereinbarten Restrukturierung erst im nächsten Jahr verlassen. Aber natürlich müssen wir weiterhin kontinuierlich unsere Kosten senken.
Stellen Sie sich angesichts der Zurückhaltung der Kundschaft auf Rabattschlachten ein?
Erfahrungsgemäß drückt harter Wettbewerb auf den Preis – solange es noch Überkapazitäten in der Industrie gibt. Jeder Hersteller wird versuchen, sich dabei zu behaupten.
Der Auto-Boom in Deutschland geht zu Ende. Wie wappnet sich Opel für eine mögliche Krise?
Wir tun das, was wir am besten können: Exzellente Autos bauen. Derzeit haben wir die frischeste Modellpalette in der Geschichte der Adam Opel AG. Allein im nächsten Jahr bringen wir sechs neue Modelle auf den Markt. Das wird uns helfen, unseren Marktanteil zu steigern. Und wir möchten die Kundenzufriedenheit weiter verbessern. Unser Anspruch ist: Wir möchten aus Sicht der Kunden die beste Automobilmarke werden.
Gerät ihr Gewinnziel angesichts der Marktabkühlung in Gefahr?
Unser Ziel ist es, auch in einem schwächeren Marktumfeld profitabel zu arbeiten. Wir müssen solide Gewinne erwirtschaften. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen.
Große Hoffnungen ruhen auf dem Elektroauto Ampera. Aber derzeit ist das Auto auf Deutschlands Straßen kaum zu sehen.
Der Verkauf hat ja auch erst vor 2 Wochen begonnen... Wir haben über 7000 Bestellungen. Wir sind der erste deutsche Automobilhersteller, der ein Elektrofahrzeug mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern verkauft. Das ist durch eine Kombination mit einem herkömmlichen Antrieb möglich. Mit dem Ampera übernehmen wir eine technologische Führungsrolle in der gesamten Autoindustrie. Wir wollen 10.000 bis 12.000 Fahrzeuge im nächsten Jahr verkaufen.
Warum wird der Ampera nicht in Deutschland gefertigt?
Um den Ampera in Europa produzieren zu können, braucht man ein geschätztes Volumen von mindestens 30.000 bis 40.000 Fahrzeugen. So weit sind wir noch nicht – auch wenn wir fest davon überzeugt sind, dass der Ampera sehr erfolgreich wird. Letztlich entscheiden unsere Kunden, ob die Fertigung in ihre Nähe kommt.
Mehrere Regionen in Deutschland möchten eine Vorreiterregion in Sachen Elektromobilität werden. Wird sich Opel engagieren, damit eine der sogenannten Schaufensterregionen auch in NRW ist?
Wir möchten mithelfen, die Elektromobilität für die Menschen im Alltag erfahrbar zu machen. Über Einzelheiten und den möglichen Standort sind wir derzeit im Gespräch mit der NRW-Landesregierung. Es gibt spannende Ansätze, Elektroautos auf der A40 zu testen, zum Beispiel mit Pendlern zum Bochumer Opel-Werk. Neben der Rhein-Ruhr-Region hat auch der Raum Aachen Interesse angemeldet. Wir wollen uns gerne an einem Projekt in NRW beteiligen. Daneben planen wir auch ein Engagement in Berlin und in der Rhein-Main-Region.
Damit würde Thüringen mit dem Opel-Standort Eisenach leer ausgehen.
Wir müssen strategische Schwerpunkte setzen, denn wir können nicht alle Projekte unterstützen.
Opel hat über Jahre einigen Betriebsräten pauschale Lohnzuschläge überwiesen. Nach Kritik wurde diese Praxis einstweilen gestoppt. Wie geht es nun weiter?
Wir haben das Thema externen Gutachtern zur Prüfung vorgelegt. Bis zur abschließenden Klärung haben wir die Zahlungen ausgesetzt..
Hat Sie eigentlich der Wirbel nach der angekündigten Trennung von ihrer Werbebotschafterin Lena Meyer-Landrut überrascht?
Lena war eine tolle Markenbotschafterin für den Corsa, aber es liegt in der Natur der Sache, dass sich Werbestrategien weiterentwickeln.
Welche Gesichter stehen denn künftig für Opel?
Die markanten Bumerangscheinwerfer des Ampera oder der Kühlergrill unseres nagelneuen GTC – das sind die Gesichter von Opel!