Düsseldorf. . Schlangestehen für Klamotten? Auf der Düsseldorfer Königsallee wird’s das bald geben. Dort eröffnet der erste Laden der US-Kultmarke „Abercrombie & Fitch“. Das genaue Datum ist noch geheim – das gehört zur Verkaufsmasche.
Die Verführung beginnt auf der Straße. Ein Hauch von Moschus steigt in die Nase, kündigt den Laden schon von Weitem an. Wer dem Duft folgt, trifft auf eine lange Schlange von überwiegend jungen Menschen, die zwischen Absperrbändern so artig und erwartungsvoll warten, als gelte es, in den angesagtesten Club der Stadt zu gelangen. Nur der Türsteher sieht viel besser aus: ein durchtrainierter Beau, der auch für einen Werbekatalog posieren könnte.
Diese Szene spielt sich jeden Einkaufs-Tag auf der Fifth Avenue in New York ab. Und sicher bald auch auf der Königsallee in Düsseldorf. Denn dass die Menschen auch hierzulande Schlange stehen werden, wenn „Abercrombie & Fitch“ seine erste Filiale auf deutschem Boden eröffnet, ist beinahe vorprogrammiert.
Gekonnte Inszenierung
Die Marke hat Kult-Charakter. Kaum ein anderes Modelabel beherrscht das Spiel der Inszenierung so gekonnt. Dabei sind die T-Shirts, Jeans und Kapuzenpullis, auf denen häufig ein Logo prankt, gar nicht so ausgefallen – und zudem deutlich teurer als die Kleidung bei „H & M“ oder „Zara“, aber gerade noch so günstig, dass Teenager aus der Mittelschicht dafür sparen können.
„Abercrombie & Fitch hat einen Mythos um die eigene Marke geschaffen“, erklärt Nicholas Adjouri, Markenberater und Professor an der Fachhochschule Stralsund. „Das wirkt vor allem bei jungen Leuten, die seit den 80er Jahren mit ständig wechselnden Markenhypes aufwachsen.“ Die Verkaufsmasche des Labels sei eine Mischung aus Geheimnistuerei und Sex-Appeal.
Am 1. Dezember soll der Laden eröffnen
Dazu gehört auch, dass das US-Unternehmen kaum Werbung für die Deutschland-Filiale macht und den Eröffnungstermin wie ein Staatsgeheimnis hütet. Fachblätter und -blogs überbieten sich bereits seit Wochen mit Spekulationen. Medienanfragen werden selten beantwortet, der Informationsfluss streng kontrolliert. Auch beim Laden der Tochter-Marke „Hollister“ im Oberhausener Centro will man das Rätsel nicht lüften: „Dazu machen wir keine Angaben, das ist ein Firmengeheimnis“, säuselt der junge Mann am Telefon und betont freundlich aber bestimmt, dass er namentlich nicht genannt werden möchte.
Derweil pfeifen es die Arbeiter an der Baustelle in der Königsallee Nummer 17 von den Gerüsten: „Der Laden soll am 1. Dezember öffnen“, sagen sie. Das Geschäft soll sich über drei Etagen erstrecken, ein Mode-Mekka auf 1700 Quadratmetern. Beim Einzelhandelsverband NRW herrscht schon Vorfreude: „Wir sind natürlich stolz, dass sich diese international erfolgreiche Marke bei uns ansiedelt“, sagt Geschäftsführer Rainer Gallus. „Das unterstreicht die Bedeutung der Modemetropole Düsseldorf.“ Der Verband hofft zudem, dass das Mode-Geschäft die Westseite der „Kö“ beleben wird, die bisher von nüchternen Bank-Gebäuden dominiert wird.
Einkaufen in Clubatmosphäre
Bei Abercrombie & Fitch gehört schließlich auch der Laden selbst zum Verführungs-Konzept. Nachdem der Kunde endlich vom knackigen Türsteher mit einem „Hi there, how are you doing today?“ begrüßt und hineingewunken wurde, betritt er eine duftig-düstere Welt. Das Geschäft ist nur schwach beleuchtet, hell erstrahlt allein das makellose Lächeln des leicht bekleideten Personals. Gutes Aussehen ist hier eindeutig wichtigstes Einstellungskriterium. So mancher Kunde lässt sich gar mit den hübschen Mädels und Jungs fotografieren. Im Hintergrund wummern laute Techno-Beats.
Einkaufen in Clubatmosphäre. Diese Erfahrung war lange Zeit nur Amerika-Reisenden vorbehalten. Noch heute sind die Klamotten mit dem Elch-Logo für viele USA-Touristen ein beliebtes Mitbringsel. Die Marke gibt es schon lange, doch erst 2007 eröffnete in London der erste Europa-Laden. Inzwischen gibt es auch Filialen in Mailand, Kopenhagen, Madrid und Paris. Die Tochter-Marke „Hollister“ wird bereits seit 2009 in Deutschland verkauft. Und auch einen Internet-Shop gibt es mittlerweile.
Abercrombie & Fitch riskiert Exklusivität
„Weil auf dem Heimatmarkt in Nordamerika die Umsätze zuletzt teilweise stark rückläufig waren und der Konzern dort seinen Höhepunkt wohl überschritten hat, sucht er sein Heil verstärkt in der Internationalisierung“, stellt die Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“ in einem Beitrag über die Firmengruppe fest. Doch Markenexperte Adjouri sieht in diesem Expansionsdrang auch eine Gefahr für Abercrombie & Fitch. „Exklusivität gehörte bisher zur Strategie des Unternehmens. Man hat bewusst das Angebot knapp gehalten, um das Begehren zu erhöhen“, sagt er. Wer die Kleidung des Labels trug, habe sich als Kosmopolit gefühlt, als einer der weit gereist sei. „Diesen Reiz setzt die Marke jetzt aufs Spiel.“
Neben Düsseldorf sollen bald auch Läden in Hamburg und München folgen. „Ich gebe dem Label noch ein paar Jahre“, prophezeit Adjouri. „Dann ist es mit dem Mythos und der Erotik vorbei.“ Solange tragen Abercrombie-Fans die Tüten mit den Bildern von US-Starfotograph Bruce Weber noch stolz umher. Das Motiv: ein Männer-Torso in Schwarz-Weiß, mit perfektem Waschbrettbauch.