Berlin. . Das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz ist hoch umstritten: Steuerhinterzieher gehen nämlich straffrei aus. Bundesfinanzminister Schäuble hofft trotzdem auf zusätzliche Einnahmen in Milliardenhöhe.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seine Schweizer Amtskollegin Eveline Widmer-Schlumpf haben ein Steuerabkommen zwischen beiden Ländern unterzeichnet. Damit will die Schweiz ihren Ruf als Schwarzgeldparadies loswerden. Deutschland hofft auf zusätzliche Einnahmen.
Warum gibt es Wirbel um das Steuerabkommen?
Die Vereinbarung zwischen beiden Staaten sieht zwar Steuernachzahlungen von Schwarzgeldbesitzern durch Schweizer Banken an den deutschen Fiskus vor. Doch die Hinterzieher bleiben dabei anonym. Das heißt, sie werden für ihre Taten von keinem Gericht zur Rechenschaft gezogen. Das finden SPD, Grüne und Gewerkschaften ungerecht. Der DGB wittert einen Ablasshandel. „Steuerbetrüger werden also noch nachträglich belohnt und legalisiert“, kritisiert Vorstand Claus Matecki.
Steuersünder, die sich hier gestellt und zusätzlich zur Steuerschuld eine Strafe bezahlt haben, sind schlechter gefahren. „Die müssen das als Schlag ins Gesicht ansehen“, sagt der Vorsitzende der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler.
Was haben beide Regierungen genau vereinbart?
Das Abkommen ist in zwei Abteilungen untergliedert, Vergangenheit und Zukunft. Wenn es gilt, wird die Schweiz bei allen Kapitaleinkünften von in Deutschland steuerpflichtigen Sparern eine Abgeltungssteuer einbehalten. Der Steuersatz liegt bei 26,4 Prozent und entspricht damit der Höhe der auch hierzulande bestehenden Belastung. Damit ist die Schweiz als Steueroase für Reiche und Schwarzgeldbesitzer nicht mehr interessant.
Für die zurückliegenden Jahre haben sich beide Regierungen auf eine nachträgliche Besteuerung illegaler Vermögen verständigt. Für die letzten zehn Jahre wird von den Schweizer Banken je nach Höhe des Kapitalbestands, der Dauer der Steuerhinterziehung und den Erträgen eine Abgabe zwischen 19 und 34 Prozent einbehalten und nach Deutschland überwiesen. Die Inhaber der Konten bleiben geheim. Schließlich dürfen deutsche Behörden in Verdachtsfällen um Amtshilfe bitten. Die Zahl der Anfragen ist jedoch auf knapp 1000 innerhalb von zwei Jahren begrenzt.
Wie viel Geld bringt das Abkommen Bund und Ländern ein?
Auf lange Sicht werden Bund und Länder viele Milliarden Euro zusätzlich einnehmen. Denn die Erträge der Guthaben auf Schweizer Konten werden regelmäßig versteuert, wenn das Abkommen voraussichtlich 2013 in Kraft tritt. Auf welche Summe sich die Nachzahlungen addieren werden, ist dagegen noch offen. Auf fünf Milliarden Euro schätzen Experten die Erträge aus dem Schwarzgeld-Ablass. Da es sich um Einkommensteuer handelt, profitieren davon Bund, Länder und Gemeinden. Je 42,5 Prozent der Einnahmen fließen an Bund und Länder, fünf Prozent erhalten die Kommunen.
Kann der Bundesrat das Vorhaben noch stoppen?
Die Opposition will das Abkommen in der Länderkammer zu Fall bringen. Das kündigten Spitzenpolitiker der SPD an. Im Bundesrat hat die schwarzgelbe Koalition keine Mehrheit. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte seinerzeit schon ein härteres Vorgehen gefordert. An dieser Linie halten die Sozialdemokraten fest. Sollte der Vertrag scheitern, müsste Finanzminister Wolfgang Schäuble Nachverhandlungen mit den Eidgenossen anstreben. Ob die Schweiz zu weiteren Zugeständnissen bereit ist, wird von Fachleuten indes bezweifelt. Insbesondere das Bankgeheimnis will die Berner Regierung bewahren.