München. . Der Siemens-Konzern steigt nach der Katastrophe von Fukushima aus dem Atomgeschäft aus. Vorstandschef Peter Löscher kündigte an, dass Siemens nur noch Komponenten liefere, die auch in konventionellen Kraftwerken eingesetzt werden können.

Ein halbes Jahr nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima und der von Bundeskanzlerin Angela Merkel verkündeten Energiewende fügt sich Siemens ins Unvermeidliche. „Das Kapitel ist für uns abgeschlossen“, sagte Konzernchef Peter Löscher dem „Spiegel“.

Nachdem die Münchner gerade ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet mit dem französischen Partner Areva beendet haben, werde es auch keinen Neueinstieg mit der russischen Atomfirma Rosatom mehr geben. Das sei die Antwort von Siemens auf die klare Positionierung von Gesellschaft und Politik in Deutschland zum Ausstieg aus der Kernenergie.

Überraschend kommt diese Antwort nicht. Siemens-Aufsichtsräte und Belegschaftsaktionäre hatten diesen Schritt schon kurz nach Fukushima gefordert. Börsianer hatten ihn erwartet. Auch Siemens-intern war die Entscheidung dazu schon länger gefallen, heißt es. Offiziell verkünden konnte Löscher dieses Signal des größten deutschen Industriekonzerns aber erst jetzt, weil dazu intensive Gespräche mit Rosatom und wohl auch der russischen Staatsführung nötig waren.

Kein Porzellan zerschlagen

Dort, noch mehr als hierzulande, ist Atomenergie ein politisch explosives Thema und Siemens macht in Russland abseits vom Atom zunehmend Milliardengeschäfte, oft auch mit Staatsfirmen. Für Löscher galt es also, einen Ausstieg aus dem Wiedereinstieg in das Atomgeschäft zu schaffen, ohne am russischen Markt Porzellan zu zerschlagen.

Das ist offenbar gelungen. „Es gibt für Siemens keine Veränderung der Atmosphäre in Russland“, betonte Siemens-Öffentlichkeitschef Stephan Heimbach. Bevor Löscher jetzt den Totalausstieg öffentlich verkündet hat, habe man mit den russischen Partnern gesprochen und sei dort auf volles Verständnis gestoßen. Mit Rosatom werde der Konzern nun „auf anderen Feldern“ abseits der Kernenergie kooperieren, sagte Löscher. Er nannte Komponenten von Dampfturbinen, die auch bei konventionellen Kraftwerken zum Einsatz kommen.

Atomdilemma in Russland

In Aufsichtsratskreisen war vorab schon ein solcher Ausweg aus dem russischen Atomdilemma skizziert worden. Siemens könne sich bei einer modifizierten Partnerschaft mit Rosatom auf die Lieferung nicht-nuklearer Technik zurückziehen, hieß es. Komplett werde man die Verbindung zu Rosatom nicht kappen, um die russische Seite nicht zu verprellen. Dennoch ist die Kehrtwende von Siemens in der Atomfrage komplett.

Noch vor zwei Jahren hatte Löscher mit Rosatom eine Absichtserklärung zu einer Atomkooperation unterzeichnet. Damals erwartete man noch eine Renaissance der Atomenergie mit dem Neubau von 400 Meilern bis 2030 und einem Investitionsvolumen von über einer Billion Euro.

Zugleich wurde das Ende der französischen Partnerschaft mit Areva verkündet. Letzteres wurde ein zähes und teueres Unterfangen, das vor einem Schiedsgericht landete. Areva pochte auf eine Klausel, wonach Siemens bei einer Scheidung von Areva den Franzosen über Jahre hinweg im Atomgeschäft keine Konkurrenz machen dürfe. Siemens musste an Areva 648 Millionen Euro Strafe zahlen für eine mit Rosatom angedachte Partnerschaft, zu der es nun gar nicht kommt. Andererseits hat sich Siemens nun Milliardeninvestitionen in den Wiederaufbau von Atom-Know how gespart. Es hätte für die Münchner also auch schlimmer kommen können.

Arbeiten im Problem-Reaktor

Rund 50 Männer kämpfen in dem Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi gegen eine mögliche Kernschmelze. Die Männer...
Rund 50 Männer kämpfen in dem Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi gegen eine mögliche Kernschmelze. Die Männer... © REUTERS
... sind zum Teil Angestellte des AKW-Betreibers Tepco, zum Teil aber auch Freiwillige. Mit Taschenlampen bahnen sie sich ihren Weg durch das zerstörte Kernkraftwerk, in dem...
... sind zum Teil Angestellte des AKW-Betreibers Tepco, zum Teil aber auch Freiwillige. Mit Taschenlampen bahnen sie sich ihren Weg durch das zerstörte Kernkraftwerk, in dem... © REUTERS
... die Elektrizität ausgefallen ist. Die Techniker prüfen Geräte und kontrollieren die Parameter-Einstellungen an Schalttafeln. Die Helfer...
... die Elektrizität ausgefallen ist. Die Techniker prüfen Geräte und kontrollieren die Parameter-Einstellungen an Schalttafeln. Die Helfer... © REUTERS
... sind der radioaktiven Strahlung ausgesetzt. Ihnen drohen schwere Gesundheitsschäden, vielleicht sogar der Tod. Immer wieder...
... sind der radioaktiven Strahlung ausgesetzt. Ihnen drohen schwere Gesundheitsschäden, vielleicht sogar der Tod. Immer wieder... © AP
... müssen die Männer ihre Arbeit unterbrechen - etwa wenn das Risiko einer Explosion zu groß wird. Immerhin...
... müssen die Männer ihre Arbeit unterbrechen - etwa wenn das Risiko einer Explosion zu groß wird. Immerhin... © Tokyo Electric Power Co./a
... konnten die Helfer einen ersten Erfolg verbuchen: Die Stromversorgung...
... konnten die Helfer einen ersten Erfolg verbuchen: Die Stromversorgung... © REUTERS
... zum Kontrollraum des ersten Reaktors wurde wiederhergestellt. Am Donnerstag sei in der dortigen Schaltzentrale...
... zum Kontrollraum des ersten Reaktors wurde wiederhergestellt. Am Donnerstag sei in der dortigen Schaltzentrale... © AP
... die Beleuchtung wieder angegangen, berichten die Behörden. Es sei aber noch nicht klar, ...
... die Beleuchtung wieder angegangen, berichten die Behörden. Es sei aber noch nicht klar, ... © AP
... ob damit auch das Kühlsystem des Reaktors 1 wieder in Betrieb gehen könne. Zuvor...
... ob damit auch das Kühlsystem des Reaktors 1 wieder in Betrieb gehen könne. Zuvor... © REUTERS
... hatten Polizei und Armee bereits versucht, mit Wasserwerfern und...
... hatten Polizei und Armee bereits versucht, mit Wasserwerfern und... © Reuters
... Löschflugzeugen die Reaktoren zu kühlen. Bilder aus dem Herbst 2010...
... Löschflugzeugen die Reaktoren zu kühlen. Bilder aus dem Herbst 2010... © REUTERS
... zeigen den Alltag in dem Atomkraftwerk vor der Katastrophe. Mehrere...
... zeigen den Alltag in dem Atomkraftwerk vor der Katastrophe. Mehrere... © AP
... hundert Menschen arbeiteten in dem Kernkraftwerk. Heute ist...
... hundert Menschen arbeiteten in dem Kernkraftwerk. Heute ist... © AP
... die Gegend rum um den Meiler evakuiert. Eine Bannzone...
... die Gegend rum um den Meiler evakuiert. Eine Bannzone... © REUTERS
... im Umkreis von 30 Kilometern wurde errichtet. Die Folgeschäden...
... im Umkreis von 30 Kilometern wurde errichtet. Die Folgeschäden... © REUTERS
... der Katastrophe für die Helfer und die Bürger in Japan sind dennoch ungewiss.
... der Katastrophe für die Helfer und die Bürger in Japan sind dennoch ungewiss. © Tokyo Electric Power Co./a
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