Essen. . Nach dem Stresstest für die Atomkraftwerke hat die Bundesregierung für weitere Atomanlagen in Deutschland eine Sicherheitsüberprüfung angeordnet. Auch die umstrittene Uranfabrik im münsterländischen Gronau muss auf den Prüfstand.
Auf dem Prüfstand stehen neben Gronau die Brennelementefabrik im hessischen Lingen, die laufenden Forschungsreaktoren in Deutschland und die Zwischenlager, darunter Ahaus. Das geht aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums an den Grünen-Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer hervor. Der Brief liegt den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe vor.
Der Stresstest wird von Experten der Entsorgungs- und Reaktorsicherheitskommission ausgearbeitet. Frühestens im Frühjahr 2012 soll er eine Einschätzung über die Sicherheit der Anlagen ermöglichen. Wie bei den Atomreaktoren soll der Stresstest die Risiken der Anlagen bei Flugzeugabstürzen, Erdbeben oder Stromausfällen ausloten.
Strenge Überprüfung
Der Atomexperte Michael Sailer, Geschäftsführer des Öko-Instituts und Vorsitzender der Entsorgungskommission, bestätigte den Prüfungsauftrag. Sailer kündigte eine strenge Überprüfung an: „Wir erwarten Antworten, die sich auf qualifizierte, belastbare und von unabhängigen Experten überprüfte Dokumente stützen. Skizzenpapiere der Betreiber reichen in diesem Fall nicht.“ Anders als beim Stresstest der AKW habe die Kommission diesmal mehr Zeit. „Wir werden nachfragen, wenn wir es für erforderlich halten“, so Sailer. „Wir lassen uns nicht unter Druck setzen.“
Die Atomwirtschaft und auch die Landesregierung zeigten sich überrascht. Urenco, Betreiber der Uranfabrik in Gronau, weiß nach eigenen Worten nichts von einem bevorstehenden Stresstest der Anlage. Auch das NRW-Wirtschaftsministerium, Atomaufsichtsbehörde des Landes, erklärte, man sei bislang nicht in die Vorbereitungen einbezogen.
Stresstest sei längst überfällig
Die Grünen im Bundestag begrüßten die Entscheidung. „Fast fünf Monate nach Fukushima und einem parteiübergreifenden Beschluss zum Atomausstieg beginnt die Bundesregierung sich endlich auch mit der Urananreicherungsanlage Gronau zu befassen. Die Anlage soll einem Stresstest unterzogen werden. Das war von der NRW-Landesregierung immer wieder gefordert worden und ist längst überfällig, erst recht nachdem es jüngst dort wieder zu einem Zwischenfall gekommen ist“, sagte der Energieexperte der Fraktion, Oliver Krischer.
„Dass ausgerechnet die Entsorgungskommission des Bundesumweltministeriums diesen Auftrag bekommen hat, die sonst mit Entsorgung, Stilllegung und Endlagerung befasst ist, werten wir als beginnende Einsicht bei Bundesumweltminister Norbert Röttgen, dass nach dem beschlossenen Atomausstieg die Tage der Urananreicherungsanlage Gronau und der Brennelementefabrik Lingen gezählt sind.“
Atomkraftgegner fordern das Aus für Gronau
Atomkraftgegner fordern seit Monaten von der rot-grünen Landesregierung in NRW das Aus für Gronau und für das Zwischenlager in Ahaus. Während Union und FDP auf Bundesebene einen Atomausstieg starteten, würden unter SPD und Grünen in NRW Atomanlagen ausgebaut, so die Kritik.
Laut Landesregierung gab es in der Urananreicherugnsanlage in Gronau seit dem Jahr 2000 insgesamt 16 meldepflichtige Ereignisse. Die Uranfabrik im Münsterland an der deutsch-niederländischen Grenze ist die einzige zur kommerziellen Urananreicherung in der Bundesrepublik. Betreiber ist die Urenco-Gruppe, an der je ein Drittel indirekt die niederländische und die britische Regierung halten. Das übrige Drittel teilen sich die deutschen Energiekonzerne RWE und Eon.