Berlin/Köln. 7,6 Milliarden Euro Gebühren von Fernsehzuschauern und Radiohörern gingen im vergangenen Jahr bei der GEZ ein, die eine der unbeliebtesten Einrichtungen der Deutschen ist. Doch was genau tut sie eigentlich?
Für Kritiker ist sie schlicht das Inkassoinstitut für ARD und ZDF, für ihre Freunde hingegen ein echter Möglichmacher vieler TV- und Radiosender in Deutschland: die Gebühreineinzugszentrale (GEZ). Ein Blick in den frischen Geschäftsbericht für 2010 verrät viel über die Institution, die ihren Job schon seit 35 Jahren macht und die es in ihrer jetzigen umstrittenen Form nur noch bis 2013 geben dürfte.
Vermutlich jeder Erwachsene in Deutschland hat bereits mindestens einmal in seinem Leben einen Brief aus der Zentrale der GEZ in Köln bekommen. Einst sammelte die Post das Geld für ARD und ZDF ein. Seit 1976 macht das die GEZ. Die ist seitdem wiederum ein Großkunde ihres Vorgängers. Das Brief-Aufkommen ist sogar so groß, dass die GEZ eine eigene Postleitzahl hat: Was an 50656 adressiert ist, kommt stets in dem Siebzigerjahrebau an, der auf dem Fernsehgelände des WDR steht.
Ein Drittel der GEZ-Post landet im Müll
„Zur Gewinnung neuer Rundfunkteilnehmer und zur Bestandssicherung der Teilnehmerkonten“ verschickte die GEZ allein im vergangenen Jahr insgesamt 16,7 Millionen Briefe. Doch längst nicht jeder reagierte. Denn auch das weist der erstaunlich detaillierte Geschäftsbericht penibel aus: Ein Drittel der Angeschriebenen reagierte gar nicht, nicht einmal nach besonderen Erinnerungsschreiben in farbigen Umschlägen, mit denen die GEZ suggeriert, Amtliches zuzustellen.
Andererseits geht auch die GEZ nicht auf alle Anfragen zeitig ein. Die offizielle Statistik verrät: Die GEZ zählte im vergangenen Jahr etwa 3,5 Millionen Anrufe. Den Großteil lässt sie von einem externen Callcenter bearbeiten. Das wiederum nahm in seinem besten Monat nur neun von zehn Anrufen letztlich auch an. In den anderen Fällen riss die Verbindung ab, bevor sich jemand um den Anrufer kümmerte.
1.148 Mitarbeiter pflegen die „Teilnehmerkonten“
In Summe 7,6 Milliarden Euro hat die GEZ im vergangenen Jahr an ARD, ZDF und das Deutschlandradio weitergeleitet – fast 60 Millionen Euro weniger als noch im Jahr 2009. Denn obwohl die Gebühren für den Einzelnen bislang verlässlich alle vier Jahre aufs Neue stiegen, sinkt inzwischen der „Gebührenertrag“. Ein Phänomen, das unter anderem auf den demographischen Wandel zurückgeführt werden kann: Weil immer mehr Menschen in Deutschland alt sind und alte Menschen häufig arm, müssen am Ende auch immer mehr keine Gebühren zahlen.
Damit die wesentliche Einnahmequelle der Öffentlich-Rechtichen nicht versiegt, pflegen die 1.148 GEZ-Mitarbeiter die „Teilnehmerkonten“ so gut sie können: die Datensätze der Fernsehzuschauer, Radiohörer und Internetnutzer in Deutschland. Auch wer mit einem Computer oder Handy ins Internet geht, muss bereits seit Jahren an die GEZ zahlen, „weil sie neben ihrer ursprünglichen Funktionalität auch in der Lage sind, Rundfunkdarbietungen wiedergeben zu können“.
Über drei Millionen Menschen sind von der Gebührenpflicht befreit
Ende 2010 führte die GEZ 42 Millionen dieser Einträge. Doch nicht alle mussten letztlich auch wirklich die monatlich 5,76 Euro für Radios und Computer oder die 17,98 Euro für Fernsehgeräte in der Haushaltskasse opfern: Etwas mehr als drei Millionen Menschen waren von der Gebührenpflicht befreit, weil sie arm oder behindert waren. Gut die Hälfte von ihnen waren Langzeitarbeitslose unter Hartz-IV.
„Wir finden alle schwarzen Schafe!“
Vor der GEZ flüchten kann kaum einer. Bis sie vor gut zwei Jahren damit begann, an einem positiveren Image zu arbeiten, machte sie gar in TV- und Fernsehspots mit dem Spruch „Wir finden alle schwarzen Schafe!“ auf sich aufmerksam. Heute versucht sie es zwar mit einem „Natürlich zahl“ ich!“. Doch allein auf das Pflichtgefühl der Bürger verlässt sich die Einrichtung dann doch nicht: Sie lässt sich unter anderem von den deutschen Meldebehörden darüber informierten, wer wann umgezogen oder gar gestorben ist. Die GEZ gleicht damit ihren Datenbestand ab und schickt eventuell Briefe und Mitarbeiter los.
2010 lieferten allein Behörden der GEZ 12 Millionen „Bewegungen“. Darüber hinaus „mietet“ die GEZ aber auch Adressen von privaten Unternehmen an, die etwa Rückmeldungen zu Gewinnspielen auswerten. Sind diese Daten fehlerhaft, dann schreibt die GEZ schlimmstenfalls Tote oder auch Haustiere an, um zu fragen, ob sie denn Fernseher, Radios oder Internet-PCs vorhalten. Das kommt etwa dann vor, wenn die Erfassung von Todesfällen nicht reibungslos lief oder aber die Namen von Hunden oder Katzen bei Glücksspielen angegeben wurden.
Außendienst schaut auch schon mal persönlich vorbei
Wie häufig das passiert, das weist der Geschäftsbericht indes nicht aus. Dafür aber wie oft die GEZ auch auf Nachfrage nicht an ihr Geld kam: etwa 724.000-mal leitete sie „Vollstreckungsersuche“ ein, etwa Pfändungen und Anträge auf Eidesstattliche Versicherungen, mit denen Menschen offiziell erklären können, dass sie pleite sind.
Bei allen anderen schaut die GEZ schon mal persönlich vorbei. Dann klingeln „Gebührenbeauftragte“ an der Wohnungs- oder Ladentür. Wie erfolgreich das Abklappern ist, hält ebenfalls der Geschäftsbericht fest: „2010 wurden durch den Beauftragtendienst ca. 319.400 Belege mit An- und Zumeldungen von Rundfunkgeräten bei der GEZ eingereicht.“
Demnächst wird am Freimersdorfer Weg jedoch vieles anders sein: Von 2013 an soll es gar keine Rundfunkgebühr mehr geben. Die Politik hat dafür Beiträge beschlossen: Jeder wird zahlen müssen, auch der, der gar keinen Fernseher und kein Radio besitzt. Auch eine ermäßigte Gebühr für Radios und Computer wird es dann wohl nicht mehr geben.
Im Gegenzug wird pro Wohnung nur ein Satz fällig, egal, wie groß Haushalte auch sein mögen. Außerdem dürfte der Beauftragtendienst weitestgehend der Vergangenheit angehören. Die GEZ soll überdies nach einer Übergangszeit deutlich kleiner werden. Und sie braucht einen neuen Namen. Allein deshalb wird sie bald Geschichte sein. (dapd)