Essen. . Großes Treffen von Politik und Wirtschaft auf Zeche Zollverein: Die Konzerne wollen die Energiewende konstruktiv begleiten. Das Thema des Abends: „Energiewende: Bedrohung, Herausforderung oder Chance für das Ruhrgebiet?“
Der Ort war mit Bedacht gewählt. Die Essener Zeche Zollverein steht für den Höhepunkt des Kohle-Zeitalters, symbolisiert aber auch den Wandel der Industrieregion. Auf dem Dach der Kohlenwäsche von Zollverein befindet sich der Erich-Brost-Saal. Von hier aus lässt sich bei klarer Sicht gut überblicken, wie sich das Ruhrgebiet verändert hat. Den Strukturwandel zu begleiten, gehört zu den Zielen, die der Initiativkreis Ruhr seit seiner Gründung vor mehr als 20 Jahren verfolgt. Am Montagabend stand ein besonders spannendes Stück Strukturwandel auf der Tagesordnung des Unternehmensnetzwerks. Das Thema lautete „Energiewende: Bedrohung, Herausforderung oder Chance für das Ruhrgebiet?“
Auf Einladung von WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach, der auch Moderator des Initiativkreises Ruhr ist, diskutierten Akteure aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft die Folgen der energiepolitischen Neuorientierung.
NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) und Klimaforscher Nicola Scafetta eröffneten die Veranstaltung mit Impulsvorträgen. Mit Klaus Engel, Jürgen Großmann und Heinrich Hiesinger, den Vorstandsvorsitzenden von Evonik, RWE sowie Thyssen-Krupp, befanden sich gleich drei Chefs großer Revierkonzerne auf dem Podium. Ferner diskutierten Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis (IGBCE), Rainer Baake, der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, und Klaus Gretschmann, der für Energie und Industrie zuständige Generaldirektor im Sekretariat des Europäischen Ministerrats.
Energiewende akzeptiert
Vom Treffen im Erich-Brost-Saal ging ein klares Signal aus: Die Revierindustrie akzeptiert die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende und bietet Unterstützung bei der Umgestaltung der Energieversorgung an.
RWE-Chef Großmann, der zuletzt die Konfrontation gesucht und vor einem Kahlschlag in der Industrie gewarnt hatte, schlug versöhnliche Töne an. „Industrie, Politik und Energiewirtschaft haben es in NRW gemeinsam in der Hand, die notwendigen Fäden zu verbinden“, sagte er. „Wir hier in NRW mit einer großartigen industriellen Basis, wir hier im Ruhrgebiet, der Heimat der Grundstoffindustrien wie Kohle, Stahl, Chemie und Energie, von traditionsreichen Unternehmen von Bayer über Evonik bis Thyssen-Krupp – wir könnten der Republik zeigen, wie das geht: Nämlich nur mit der Industrie und nicht gegen sie.“
Energiewende als Chance für das Revier
Auch Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger betonte die konstruktive Rolle der Industrie. Die Unternehmen seien mit ihren Beschäftigten ein Teil der Gesellschaft. Daher werde sich die Industrie dem Willen des Gesetzgebers und großer Teile der Gesellschaft nach einem beschleunigten Atomausstieg nicht in den Weg stellen, betonte Hiesinger.
IG BCE-Chef Vassiliadis bezeichnete die Energiewende als „beispielloses Projekt“, das auch Risiken berge. „Dieses Land kann das schaffen. Aber trivial ist das nicht.“
Evonik-Chef Engel hob hervor, dass der Ausstieg aus der Kernenergie bis zum Jahr 2022 für die Industrie „vertretbar“ sei. „Vertretbar, auch weil wir seit dem rot-grünen Ausstiegsgesetz genügend Zeit hatten, uns darauf einzustellen“, sagte Engel. Hinter dem Begriff Energiewende stehe allerdings eine viel größere Frage: Das Rückgrat der Gesellschaft sei „das Versprechen sozialer Sicherheit für alle“. Die Voraussetzung hierfür sei wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. „Die dürfen wir auf keinen Fall riskieren“, warnte Engel.
Der TV-Sender Phoenix sendet am Dienstag ab 11.15 Uhr eine Aufzeichnung der Veranstaltung des Initiativkreises Ruhr. Ausgestrahlt wird der Beitrag im Rahmen eines Thementages zur „Energie der Zukunft“. Am Sonntag (26. Juni) ab 17 Uhr ist die Diskussion erneut zu sehen.