Frankfurt/Main. . Die Parteien wollen der Wettbewerbsverzerrung auf dem Benzinmarkt auf unterschiedliche Weise begegnen. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) empfiehlt die freien Tankstellen, die SPD fordert ein Entflechtungsgesetz.

Nachdem das Bundeskartellamt am Benzinmarkt eine Wettbewerbsverzerrung durch die fünf großen Tankstellenketten offenlegte, streiten die Parteien über eine angemessene Reaktion.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner kritisiert die Preispolitik der Tankstellenbetreiber und fordert die Verbraucher auf, bei der Konkurrenz zu tanken, falls möglich. „Die Verbraucher verfügen sehr wohl über Marktmacht“, sagte die CSU-Politikerin der „Passauer Neuen Presse“. „Mit den Freien Tankstellen gibt es Alternativen für die Autofahrer. Wer dort tankt, sorgt für mehr Wettbewerb.“ Es könnte nicht sein, „dass die Autofahrer verstärkt zur Kasse gebeten werden, nur weil einige wenige den Markt beherrschen“. Man werde sich den Bericht des Bundeskartellamts genau anschauen, kündigte die Ministerin an. „Auch wenn es hier nicht um direkte Absprachen zwischen den Konzernen geht: Bei den Tankstellen fehlt es an Wettbewerb.“

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert eine schnelle Umsetzung des 2010 angekündigten Entflechtungsgesetzes. „Der Entwurf des Wirtschaftsministeriums lässt nicht nur viel zu lange auf sich warten, er war auch von vornherein zu kurz gesprungen“, sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. Der Staat dürfe nicht erst einschreiten, wenn ein Konzern seine Monopolstellung ausnutze, sondern müsse bereits entflechten, wenn eine marktverzerrende Wirkung erkennbar sei. Das sei derzeit auf dem Benzinmarkt der Fall, sagte Kelber.

Vorbild Österreich: Nur einmal am Tag die Preise anheben

Der Wirtschaftsflügel der Union lehnt einen staatlichen Eingriff in die Konzernstrukturen und die Preisgestaltung dagegen ab. Als Reaktion auf den Befund des Kartellamts sei ein Entflechtungsgesetz ungeeignet, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Union, Joachim Pfeiffer.

Die Verbraucherschutzbeauftragte der Unions-Fraktion, Mechthild Heil, forderte dagegen ein gesetzliches Einschreiten: Wenn die Preise freitags steigen, um montags wieder zu fallen, und wenn Benzin und Diesel stets vor Feiertagen und Ferienbeginn teurer werde, liege das nicht am Erdölpreis.

Um die Spekulationen auf das Kaufverhalten der Kunden und das Nachziehen der Konkurrenz zu bremsen, sei ein Gesetz nach österreichischem Vorbild denkbar: „Tankstellen sollen nur noch einmal am Tag die Preise anheben, aber so oft senken, wie sie wollen“, schlägt Heil vor. Der Unions-Wirtschaftspolitiker Pfeiffer wies den Vorschlag dagegen aus ordnungspolitischen Gründen zurück.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Martin Lindner, sagte dem Blatt, die Liberalen könnten sich sowohl eine Verschärfung des Kartellrechts als auch die Entflechtung wettbewerbsverzerrender Konzerne vorstellen. Auch die Preisregulierung nach dem Vorbild Österreichs müsse man offen diskutieren.

Am Wochenende war eine Untersuchung des Bundeskartellamts bekannt geworden, derzufolge der Sprit an den Tankstellen teurer ist, als er bei einem funktionierenden Wettbewerb sein müsste. Die Tankstellenbetreiber wehren sich gegen den Vorwurf der Preistreiberei an den Zapfsäulen. (dapd)