Frankfurt/Main. .
Nach der Einigung im Tarifstreit mit der Bahn AG will die Lokführergewerkschaft GDL kommende Woche erneut die Privatbahnen bestreiken. GDL-Chef Claus Weselsky erklärte am Freitag, bei den fünf Unternehmen Netinera (früher Arriva), Abellio, Benex, Veolia und Hessische Landesbahn habe sich nichts bewegt. "Sie wollen den Wettbewerb weiterhin auf dem Rücken der Lokomotivführer durchführen und keine inhaltsgleichen Rahmentarifverträge mit uns abschließen", sagte Weselsky. Mit Keolis (Eurobahn) habe die Gewerkschaft hingegen "konstruktive Verhandlungen" zum Rahmentarifvertrag geführt.
Reisende der Bahn AG müssen unterdessen nicht mehr mit Streiks rechnen: Nach neun Monaten haben Deutsche Bahn (DB) und Lokführergewerkschaft GDL ihrem Tarifstreit ein Ende gesetzt: In der 15. Verhandlungsrunde beschlossen beide Parteien am Freitag in Frankfurt am Main ein umfassendes Gesamtpaket für die rund 20.000 bei der DB beschäftigten Lokführer. Wie der Konzern und die GDL mitteilten, wurden ein Rahmentarifvertrag im Personen- und Güterverkehr sowie Verbesserungen bei den Einkommen und der betrieblichen Altersversorgung in einem Volumen von drei Prozent vereinbart.
Tarifvertrag gilt bis 30. Juli 2012
DB-Personalvorstand Ulrich Weber bezeichnete das Ergebnis als "vernünftigen Kompromiss". "Hinter uns liegt eine lange Strecke mit einigen Umwegen. Was nach teils mühsamen Verhandlungen nun aber ausschließlich zählt, ist das Ergebnis", sagte er. Es sei nun an der GDL, weitere Unternehmen für den sogenannten Bundesrahmen-Tarifvertrag (BuRa-LfTV) zu gewinnen, damit er seine volle Wirkung entfalten könne. Der Vertrag gelte rückwirkend zum 1. Januar und laufe bis 30. Juli 2012.
GDL-Chef Claus Weselsky sagte: "Damit haben wir einen riesigen Meilenstein auf dem Weg zum einheitlichen Tarifniveau für alle Lokomotivführer in der Bundesrepublik erreicht." Zusammen mit den privaten Schienengüterverkehrsunternehmen fielen nun rund 83 Prozent aller bundesweit 26.000 Lokomotivführer unter inhaltsgleiche Rahmentarifverträge der GDL.
Verbesserungen bei Urlaubsregelungen, Nachtarbeit und Zulagen
Arbeitgeber und Gewerkschaft einigten sich zudem auf eine Verbesserung der Entgelte der DB-Lokführer um zwei Prozent. Berufseinsteiger bekommen damit 2.341 Euro monatlich, erfahrene Lokführer 2.831 Euro. Die im Dezember 2010 geleisteten Einmalzahlungen fließen den Angaben zufolge in den Tarifabschluss ein. Die Gesamtlaufzeit betrage hier 23 Monate vom 1. August 2010 bis 30. Juni 2012.
"Dieser Abschluss ist gleichzeitig der Maßstab für das Lohnniveau der Lokomotivführer in Deutschland", erklärte Weselsky. "Daran führt nun kein Weg mehr vorbei."
Zusätzlich werde ein Prozent pro Jahr für die individuelle Altersvorsorge gezahlt, hieß es. Außerdem seien Verbesserungen bei Urlaubsregelungen, Nachtarbeit und Zulagen vereinbart worden. In einem separaten Tarifvertrag wurde nach Angaben der GDL speziell der Schutz der Lokführer bei einem Betreiberwechsel geregelt. Gewinne DB Regio eine Ausschreibung, die zuvor von einem Wettbewerber betrieben wurde, sollten die Lokführer übernommen und mindestens zu den Konditionen des BuRa-LfTV bezahlt werden.
Streik bei Privatbahnen geht noch bis Samstag, 2 Uhr früh
Die Deutsche Bahn erklärte darüber hinaus ihre Bereitschaft, den bestehenden Kündigungsschutz beizubehalten. Diese Zusage sei als ein Teil in einem neuen "Zukunft-Tarifvertrag" festgeschrieben worden. Dieser enthalte zudem Eckpunkte zu Ausbildung, Qualifizierung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie alters- und leistungsgerechten Arbeitsbedingungen.
Der Tarifabschluss steht noch unter dem Zustimmungsvorbehalt der GDL-Bundestarifkommission. Ist diese einverstanden, ist die Tarifrunde bei der Deutschen Bahn abgeschlossen. Für die rund 150.000 Mitarbeiter seien damit "materiell gleichwertige Abschlüsse erzielt", hieß es.
Die übrigen Bahnbetreiber im Nahverkehr hatten sich der GDL-Forderung nach dem Rahmen-Tarifvertrag bisher verweigert. Noch bis Samstagmorgen, 2 Uhr, bestreikte die Gewerkschaft deshalb diese Unternehmen zum wiederholten Male. Ein neuerliches Verhandlungsangebot der betroffenen Betriebe ging laut einer Gewerkschaftssprecherin bis Freitagnachmittag nicht ein. Dabei gebe es für die Konzerne "weder rechtliche noch finanzielle Hindernisse, diesem Tarifpaket beizutreten", betonte Weselsky. Bei den neuerlichen Arbeitsniederlegungen waren Gewerkschaftsangaben zufolge seit Donnerstag rund 70 Prozent der Züge der betroffenen Betriebe ausgefallen. (dapd/afp)