Essen. . Die Zinswende ist da. Diese Nachricht elektrisiert die Finanzmärkte, die Verbraucher eher weniger. Dabei betrifft eine Leitzinserhöhung, wie sie die Europäische Zentralbank am Donnerstag beschlossen hat, fast alle Bürger und Unternehmen.

Banken müssen nun 1,25 Prozent statt 1,0 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld von der Zentralbank leihen. Das hat viele Auswirkungen – die alte Faustregel, nach der auch Spar- und Schuldzinsen steigen, ist mehr als grob.

Wie teuer Kredite für Bürger, Unternehmen und den Staat werden, worauf Sparer hoffen dürfen und was mit dem Euro und den Preisen passiert – ein Überblick:

Die Enttäuschung vorweg: Beim Sparbuch tut sich nicht viel. Eine Leitzins-Erhöhung werde hier „sehr unterproportional“ weitergegeben, sagt Michael Schubert, Zinsexperte der Commerzbank. Grund: Eine kurzfristige Erhöhung wirke sich nur auf kurzfristige Geldgeschäfte aus. Einlagen mit kurzer Laufzeit sollten deshalb mehr abwerfen. „Bei dreimonatigen Unternehmens-Einlagen wird die Leitzins-Erhöhung spürbar.“

Beim Tagesgeld wird sich nicht viel tun

Demzufolge müsste auch Tagesgeld mehr Zinsen bringen. Eigentlich. Doch das verhindert laut Schubert die nach wie vor unbegrenzte Kreditvergabe der Zentralbank. Die Geschäftsbanken können sich von der EZB so viel Geld zum Leitzins leihen, wie sie benötigen. Sie haben es nicht nötig, durch hohe Tagesgeldzinsen um frisches Geld zu werben. Deshalb liegt der Zins für Tagesgeld im Durchschnitt auch unter dem Leitzins.

Auf kurzfristige Kredite wird die Erhöhung „eins zu eins durchschlagen“, sagt der Commerzbank-Experte. Was die Bank der EZB mehr an Zinsen zahlen muss, gibt sie sofort an ihre Kunden weiter. Unternehmen und Bürger, die sich jetzt Geld leihen, bekommen das zu spüren. In der Erwartung, dass der Leitzins bis 2012 noch bis auf 2,0 Prozent steigen wird, müssen sie mit Aufschlägen von einem ganzen Prozentpunkt rechnen.

Weniger betroffen sind Kredite mit langen Laufzeiten, et­wa Baukredite und Ratenkredite zum Autokauf. Sie sind zu­letzt bereits etwas teurer ge­worden, weil mittelfristig weiter steigende Zinsen erwartet werden. Die sind damit sozusagen bereits eingepreist.

Langfristige Zinsen weniger betroffen

Auch der Staat muss mehr Zinsen zahlen. Allerdings er­wartet Schubert nur einen „moderaten Anstieg“. Auch hier hätten die Märkte die langfristigen Erwartungen schon berücksichtigt. So muss der Bund für zehnjährige An­leihen heute ein paar Zehntel Prozent mehr zahlen als vor einigen Wochen. Während Deutschland das verkraften kann, kommt die Erhöhung für Krisenstaaten wir Portugal und Griechenland als weitere Schuldenlast obendrauf.

Verbraucher zahlen an der Supermarktkasse bereits mehr als es die Europäische Union gerne hätte. Sie toleriert eine Teuerungsrate von zwei Prozent, zuletzt waren es 2,4 Prozent. Deshalb hat die EZB nun ihren Leitzins erhöht. Weil es teurer wird, Geld zu leihen, soll weniger Bares in Umlauf gelangen. Das drosselt im Idealfall auch die Preise. Allerdings haben Europas oberste Banker bereits weitere Erhöhungen durchblicken lassen. Das bedeutet: Sie befürchten, dass die Preise weiter steigen.

Steigen in Europa die Leitzinsen, in den USA aber nicht, wirkt sich das auf den Wechselkurs aus. Weil die amerikanische Notenbank Geld quasi zum Nulltarif verleiht, gilt der Euro nach der Zinserhöhung erst recht als stabiler und ist zuletzt deutlich gestiegen. Das hat viele Vorteile für die Verbraucher: Sie zahlen weniger für importierte Waren und Rohstoffe. Ein starker Euro bremst auch den Spritpreis, der sonst noch stärker steigen würde. Auch Reisen in Dollarländer werden günstiger.

Zum Nachteil wird der starke Euro für die Exportindustrie. Ihre Waren werden für Kunden außerhalb Europas teurer und so unattraktiver.