München. . Josef Boquoi ist reich geworden mit seinem Unternehmen Bofrost - doch wie reich, das will er nicht in der Öffentlichkeit breittreten. Deshalb klagt der Firmengründer gegen eine Hitliste der reichsten Deutschen. Zum Prozessauftakt flogen die Fetzen.
Bofrost-Gründer Josef Boquoi will nicht zu den 100 reichsten Deutschen gehören - zumindest nicht auf einer Liste des „Manager-Magazins“. Mit einem geschätzten Vermögen von 950 Millionen Euro hatte das Magazin den langjährigen Chef der Tiefkühl-Kette auf Platz 92 gesetzt.
Weil Boquoi dadurch sein Recht auf Privatsphäre verletzt sieht und außerdem die Zahlen bestreitet, kam es am Mittwoch vor dem Landgericht München zu einem Prozess, bei dem die Fetzen flogen.
„Im Grunde ist das eine Neidliste - Tüchtigkeit wird bestraft, typisch deutsch!“, rief Boquois Anwalt Christian Schertz aufgebracht. „Der einzige Grund ist Sensationsgier. Ich will auch durchs Schlüsselloch gucken!“
Doch das Gericht sieht das anders. „Natürlich schaut man da rein, weil man neugierig ist“, räumte der Vorsitzende Richter Thomas Steiner ein. Aber das sei gar nicht der entscheidende Punkt. Die Gesellschaft müsse wissen und „darüber diskutieren, wo sind die großen Vermögen? Wie wurden sie geschaffen? Wie geht jemand damit um?“ Damit folgte er dem Argument von Verlagsanwalt Konstantin Wegner, über Reiche dürfe und müsse berichtet werden, weil ein großes Vermögen Macht und Einfluss in der Gesellschaft bedeute.
„Das wird ein Grundsatzprozess“
Boquois Anwalt Schertz hatte schon vor der Verhandlung befürchtet, „dass wir es in der ersten Instanz nicht schaffen werden“. Und hinzugefügt: „Wir ziehen das durch bis zum BGH. Das wird ein Grundsatzprozess.“
Das erwartet auch die Kammer. „Wir betreten hier Neuland“, sagte Richter Steiner und bedankte sich bei Schertz, dass er die Unterlassungsklage in München eingereicht habe: „Ich meine das ernst, das wird sehr interessant. Es gibt keinen Präzedenzfall.“
Auch die Familie des Richters war Bofrost-Kunde
Jede Familie kenne Bofrost, „wir waren auch mal Kunde“, sagte der Richter zur Einführung launig. Boquoi habe es mit seinen tiefgekühlten Lebensmitteln zu Wohlstand gebracht, inzwischen sei er ein älterer Herr.
„Genau“, rief Schertz: Boquoi lebe inzwischen sehr zurückgezogen und müsse es nicht mehr hinnehmen, mit seinem angeblichen Vermögen „in irgendwelchen Hitparaden aufzutauchen“. Da werde nur „die Aufmerksamkeit Krimineller geweckt“. Die Verlegerfamilien Augstein, Burda, Mohn tauchten in den Listen ihrer eigenen Zeitschriften nicht auf, „die sind da sehr empfindlich“.
Aber das Gericht blieb dabei, dass Vermögen ab einer bestimmten Größe „von der Privat- in die Sozialsphäre“ übergehen. Deshalb konzentrierte sich Schertz auf die angegeben 950 Millionen Euro: „Das ist unwahr. Die Zahlen stimmen einfach nicht!“
Doch auch bei diesem zweiten Punkt droht ihm eine Abfuhr. Denn das Magazin bezog sich unter anderem auf Boquois Anteile am Konzern und betonte, dass es sich bei der Vermögensangabe um eine Schätzung handelt. Weil Boquoi diese Tatsachenbehauptung bestreitet, liegt die Beweislast jetzt bei ihm: „Er müsste nachweisen, wie viel er hat. In der Beweisaufnahme muss er die Hosen runterlassen“, sagte Richter Steiner ungerührt.
Anwalt sieht das Ende des Rechtsstaats
Anwalt Schertz reagierte empört: Wer falsche Presseberichte über sein Vermögen nicht hinnehmen wolle, müsse alles offenlegen? Da nähere sich „das Ende des Rechtsstaats“. Das wiederum fand der Richter gar nicht witzig.
Seinem Vorschlag, das Magazin könnte Boqouis Vermögen in der nächsten Liste auf 600 Millionen Euro schätzen und den Prozess so mit einem Vergleich zu beenden, folgte der Anwalt nicht. Schertz will durch alle Instanzen gehen. Ob das wirklich im Interesse seines Mandanten sei, fragte der Richter: „So lange das Verfahren dauert, kommen noch drei „Manager-Magazine“ raus.“ Wann die Kammer ihr Urteil fällt, ließ er offen. (dapd)