Essen. Thyssenkrupp-Investor will Großhändler übernehmen. Stiftungen der Metro-Gründer aus Duisburg und Mülheim stimmen zu. Aktie geht durch die Decke.

Der tschechische Geschäftsmann Daniel Kretinsky nimmt einen neuen Anlauf, sich die Mehrheit am Düsseldorfer Großhändler Metro einzuverleiben. Allerdings stehen die Erfolgschancen für ihn diesmal ungleich besser als 2019. Nachdem sein Versuch einer feindlichen Übernahme an den Gründerfamilien gescheitert war, unterstützen deren Stiftungen diesmal die Pläne des Milliardärs, die Metro von der Börse zu nehmen. Auch mit dem Management um Konzernchef Steffen Greubel hat Kretinsky Einigkeit erzielt. Im Gegenzug darf die aktuelle Führung bleiben.

Die von Metro und Kretinskys Investmentgesellschaft EPGC getroffene „Delisting“-Vereinbarung teilten beide am Mittwochabend per Adhoc-Börsen-Pflichtmitteilung mit. Am Morgen danach schoss die im SDax-gelistete Metro-Aktien durch die Decke, lag am späten Vormittag 37 Prozent im Plus.

Kretinsky will alle Aktien im Streubesitz mit Aufpreis aufkaufen

Kretinsky, der auch mit 20 Prozent an der Stahlsparte von Thyssenkrupp beteiligt ist, hält aktuell knapp die Hälfte der Metro-Aktien. Nun hat er sich mit der Beisheim-Holding des verstorbenen Mülheimer Unternehmers und früheren Metro-Gesellschafters Otto Beisheim und der Meridian-Stiftung geeinigt. Sie vertritt über ihre Palatin Verwaltungsgesellschaft die Interessen der Duisburger Händlerfamilie Schmidt-Ruthenbeck. Sie halten zusammen knapp 25 Prozent der Metro-Aktien und sollen diese auch nach dem Abschied von der Börse behalten.

Czech entrepreneur Daniel Kretinsky attends the International conference SH!FTS in Prague, Czech Republic, October 17, 2
Milliardär Daniel Kretinksy will die Metro von der Börse nehmen. © IMAGO / CTK Photo | IMAGO/Roman Vondrous

Allen anderen Aktionärinnen und Aktionären macht Kretinskys Investmentgesellschaft EPGC ein Übernahmeangebot in Höhe von 5,33 Euro je Anteilsschein - für Kretinsky beliefe sich das auf rund 650 Millionen Euro, wenn er alle im Streubesitz befindlichen Aktien einsammeln könnte. Am Mittwoch lag der Kurs des Papiers bei rund 3,90 Euro. „Das Angebot stellt daher eine einzigartige Gelegenheit für die Aktionäre der Metro dar, ihre Aktien mit einem attraktiven Aufschlag auf den aktuellen Marktpreis zu veräußern“, erklärte EPGC am Abend.

Dieser Aufschlag war jedoch schon am Morgen danach hinfällig, inzwischen ist die Aktie mehr wert als Kretinskys Angebot. Offenkundig haben viele kurzfristige Anleger zugegriffen, um beim Wiederverkauf noch Gewinne mitnehmen zu können.

Dem Plan, das Unternehemen von der Börse zu nehmen, nahm am Mittwoch laut EPGC auch der Metro-Aufsichtsrat „zustimmend zur Kenntnis“. Gibt die Finanzaufsicht (Bafin) ihren Segen dazu, kann im März das Aktienkaufangebot veröffentlicht werden. Die Frankfurter Börse entscheidet letztlich darüber, die Aktie vom Markt zu nehmen.

Feindliche Übernahme scheiterte vor fünf Jahren an den Gründerfamilien

Die Stiftungen der Metro-Gründer hatten sich lange gegen eine Komplettübernahme des Großhandels-Marktführers durch Kretinsky gewehrt. In einer wahren Abwehrschlacht verhinderten sie vor fünfeinhalb Jahren die vom Tschechen angestrebte feindliche Übernahme. Zu diesem Zweck bildeten die Familienstiftungen einen Aktien-Pool mit Sperrminorität. Dagegen verkaufte der Duisburger Handelskonzern Haniel damals seine Aktien an Kretinsky.

Auch das Management will dem Tschechen diesmal nicht im Weg stehen. Vor fünf Jahren hatte sich Vorstandschef Olaf Koch vehement gegen die Übernahme gewehrt. Das ist diesmal anders: Man habe sich auf die Fortsetzung der bisherigen Strategie, Kontinuität im Management und den „grundsätzlichen Umfang der Geschäftstätigkeit der Metro AG“ geeinigt, teilte der Großhändler mit. Zudem sehe die Vereinbarung auch die Interessen der Beschäftigten, darunter den Verbleib der Metro-Zentrale in Düsseldorf und ein Bekenntnis zu den bestehenden Tarifverträgen.

Er sei „entschlossen, gemeinsam mit dem Managementteam die Transformation des Unternehmens zu einem erfolgreichen Lebensmittel- und Non-Food-Großhändler mit hochwertigen Produkten und Dienstleistungen für Kunden voranzutreiben”, erklärte Kretinsky am späten Abend. Das Unternehmen von der Börse zu nehmen, sei „ein logischer Schritt und soll der aktuell schwierigen Situation von Metro als börsennotiertem Unternehmen Rechnung tragen, kurzfristige Ergebnisse zu liefern“ und zugleich seine langfristig angelegte Wachstumsstrategie beizubehalten. Zu dieser Strategie bekennt sich Kretinsky nun ausdrücklich.

Kretinsky, der Mann für die schwierigen Geschäfte, etwa bei Thyssenkrupp

Kretinsky ist ein Spezialist für Beteiligungen an schwierigen Geschäften. Er übernahm 2016 das ostdeutsche Braunkohlegeschäft vom schwedischen Vattenfall-Konzern, als dieser keine Zukunft mehr für diese besonders klimaschädliche Art der Stromerzeugung sah. Im vergangenen Jahr schloss er die Übernahme des französischen Supermarkt-Konzerns Casino ab, in den er ebenfalls mitten in einer schweren Krise eingestiegen war. Unlängst war er als möglicher Käufer des Energiekonzerns Uniper gehandelt worden. Die Bundesregierung, die den Düsseldorfer Konzern in der Energiekrise retten musste, will wieder aussteigen und ihre Anteile verkaufen.

Bei Thyssenkrupp löst Kretinsky bisher gemischte Reaktionen aus. Konzernchef Daniel López hat seinen Einstieg forciert und setzt darauf, dass der Tscheche seinen Anteil wie beabsichtigt bald auf 50 Prozent erhöht. Die IG Metall ist nicht grundsätzlich gegen den renommierten Investor, fühlte sich bei den Entscheidungen zu seinem Einstieg aber vom Management übergangen.

Metro-Gewinn zum Start des Geschäftsjahres gesunken

Am Mittwochabend veröffentlichte die Metro auch ihre Bilanz aus dem Herbstquartal: Demnach stiegen in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres 2024/25 von Oktober bis Dezember die Umsätze währungsbereinigt um 7,1 Prozent auf rund 8,6 Milliarden Euro. Das Wachstum gehe insbesondere auf das Geschäft mit der Gastronomie zurück, betonte das Unternehmen. Der operative Gewinn (Ebitda) sank allerdings um knapp sechs Prozent auf 408 Millionen Euro.