Berlin. Ist die deutsche Stahlindustrie am Ende? Aussagen von Merz sorgten für Wirbel. Jetzt ist der Unions-Kanzlerkandidat um Klarstellung bemüht

Es war ein Satz, der Arbeitnehmervertreter toben ließ: „Ich glaube persönlich nicht daran, dass der schnelle Wechsel hin zum wasserstoffbetriebenen Stahlwerk erfolgreich sein wird“, hatte CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz am Montag bei einer Betriebsrätekonferenz des CDU-Arbeitnehmerflügels CDA in Bochum gesagt und damit lautstarke Kritik hervorgerufen.

„Wer nicht an grünen Stahl glaubt, befördert das Ende der Stahlindustrie in Deutschland – mit fatalen Wirkungen weit über die Branche hinaus. Wir würden Zehntausende Arbeitsplätze verlieren und uns bei einem der wichtigsten Grundstoffe in eine gefährliche Abhängigkeit vor allem von China begeben“, hatte Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, Merz vorgeworfen. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schaltete sich ein und sagte, dass die Stahlproduktion in Deutschland verschwinden werde, sollte sie in den 2030er-Jahren immer noch Stahl mit Kohleenergie produzieren.

Stellenabbau bei Thyssenkrupp: 11.000 Entlassungen bis 2030

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    Merz rudert zurück: „Wichtigstes Ziel, Stahlproduktion in Deutschland zu erhalten“

    Angesichts der Debatte rudert Merz nun zurück und ist um Klarstellung bemüht. „Ich bin ein Befürworter der regenerativen Energie und der Nutzung von Wasserstoff – und somit auch einer grünen Stahlproduktion“, sagte der CDU-Chef dieser Redaktion. „Ich glaube an die Wasserstofftechnologie.“

    Allerdings müsse man sich realistische Ziele setzen und realistische Zeitpläne im Blick behalten. „Wir haben leider noch nicht ausreichend grünen Wasserstoff, den wir brauchen, zu wettbewerbsfähigen Preisen und nicht die Produktionsmöglichkeiten für Stahl, die mit Wasserstoff betrieben werden können“, sagte der Kanzlerkandidat von CDU und CSU. Entsprechend müsse man den Weg hin zum grünen Stahl so gestalten, dass die Stahlproduktion darunter nicht leide. „Unser wichtigstes Ziel muss es sein, die Stahlproduktion in Deutschland zu erhalten“, mahnte Merz.

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    Merz fordert CCS-Zulassung

    Die Kritik, er würde das Ende der deutschen Stahlindustrie herbeireden, wies der CDU-Chef entschieden zurück. „Bei mir sind die Interessen der Stahlarbeiter in unserem Land so gut aufgehoben wie bei keinem anderen. Denn wir legen nichts still, bevor wir nicht etwas Besseres haben.“ So würden Arbeitsplätze im Ruhrgebiet sowie in der gesamten Stahl- und Metallindustrie gesichert werden. „Damit meine ich auch die hiesige Rüstungsindustrie, die Stahl aus Deutschland dringend benötigt“, sagte Merz. Auch stehe er zu den vereinbarten Klimazielen, die Verringerung von CO2 bleibe wichtig. Dabei ließe sich aber auch mit der Einlagerung von CO2 mithilfe von CCS- und CCU-Technologien viel erreichen. Merz forderte Habeck auf, CCS in Deutschland zuzulassen.

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    Deutschlands Stahlindustrie steht derzeit massiv unter Druck. Thyssenkrupp Steel, Deutschlands größter Stahlproduzent, will bis 2030 bis zu 11.000 Stellen abbauen. Auch der Stahlkonzern Salzgitter, der möglicherweise vor einer Übernahme durch die Unternehmen Günter Papenburg und TSR Recycling steht, will einen harten Sparkurs fahren. Der Stahlerzeuger Georgsmarienhütte steht nach der jüngsten Einschätzung der Miteigentümerin Anne-Marie Großmann gar kurz vor dem Abgrund. „Jeden Tag gehen wir da näher hin“, hatte die Unternehmerin am Dienstag in Düsseldorf gesagt. Gehe es so weiter wie bisher, werde der Stahlkonzern nur noch „ein paar Monate“ durchhalten.