Berlin. Der Sanierungsstau ist groß. Eine neue Studie zeigt, wie stark schon jetzt das Sportangebot eingeschränkt werden muss – und was noch droht.

Gold bei den Olympischen Spielen oder eine Medaille bei einer Turn-Weltmeisterschaft? Deutschland ist eine Sportnation – und viele Kinder und Jugendliche träumen den ganz großen Traum. Doch immer mehr Sportstätten, die in den Kommunen für den Breitensport genutzt werden – etwa Sportplätze oder Schwimmbäder –, sind in einem besorgniserregenden Zustand. Das hat schon jetzt Auswirkungen auf den Trainingsbetrieb.

Wie aus einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hervorgeht, kommt es in 40 Prozent der Kommunen bereits jetzt vor, dass einzelne Sportangebote wegen des baulichen Zustands der Sportanlagen nicht stattfinden können. 36 Prozent der Kommunen befürchten, dass sie das Sportangebot wegen bröckelnder Hallen und Sportbäder in den kommenden Jahren reduzieren müssen, heißt es in der Erhebung, die dieser Redaktion exklusiv vorliegt.

Sporthalle & Co.: Kommunalvertreter spricht von „dramatischer Entwicklung“

59 Prozent der befragten Städte, Gemeinden und Landkreise gab an, dass der Investitionsrückstand bei Sporthallen „gravierend“ oder „nennenswert“ sei, bei Hallenbädern sagten das sogar 62 Prozent. Geschehe nichts, müssten in den nächsten drei Jahren den Kommunen zufolge fast jedes siebte Hallenbad (13,4 Prozent) und jedes sechste Freibad (15,9 Prozent) geschlossen werden. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) spricht angesichts der Zahlen von einer „dramatischen Entwicklung“.

„Mehr als ein Drittel der Kommunen sehen eine Reduzierung des Angebots als dringend notwendig an. Zudem wird vielerorts etwa davon ausgegangen, dass weitere Frei- und Hallenbäder geschlossen werden müssen: Das ist ein fatales Signal an den Breitensport und den Schwimmunterricht“, sagte DStGB-Hauptgeschäftsführer André Berghegger dieser Redaktion.

Sporthalle und Schwimmbad in Deutschland: Tragfähige Finanzierungsbasis nötig

Gleichzeitig forderte Berghegger Bund und Länder auf, die finanzielle Unterstützung für Neubauten und Sanierungen sicherzustellen. Eine große Investitionsoffensive in die Sportinfrastruktur sei unausweichlich. „Dabei sollte auf kleinteilige Förderprogramme verzichtet und stattdessen auf Budgets für die Kommunen gesetzt werden. Wir brauchen dringend einen ‚Entwicklungsplan Sport‘, der die Investitionen in die Sportinfrastruktur auch und gerade im Breitensport ermöglicht und eine tragfähige Finanzierungsbasis schafft“, forderte er.

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Das Difu hatte im Oktober des vergangenen Jahres 307 Städte, Gemeinden und Landkreise zur Situation der kommunalen Sportanlagen befragt. Die Erhebung sei zwar nicht bundesweit repräsentativ, vermittele jedoch einen belastbaren Eindruck der kommunalen Wahrnehmung, heißt es von der KfW. Stefanie Brilon, Kommunalexpertin bei der deutschen Förderbank, erklärte angesichts der Zahlen, dass Teile des Sportangebots in den Kommunen in Gefahr seien. „Es gibt einen großen Investitionsstau“, so Brilon gegenüber dieser Redaktion.

Sporthalle bröckelt: Es wird investiert, aber bei weitem nicht genug

Das zuletzt veröffentlichte KfW Kommunalpanel wies für das Jahr 2023 über alle kommunalen Aufgaben hinweg einen wahrgenommenen Investitionsrückstand in Höhe von 186,1 Milliarden Euro aus. Das sei im Vergleich zum Jahr davor ein Anstieg um 12,4 Prozent gewesen. Auf den Sportbereich entfiel dabei ein Investitionsbedarf von 12,12 Milliarden Euro.

Schwimmbad Sanierung
Nicht nur in deutschen Schimmbädern besteht zum Teil ein hoher Sanierungsbedarf. © picture alliance / Zoonar | Jens Schmitz

Kommunen investieren dabei durchaus in neue Hallen oder auch Bäder. Im vergangenen Jahr waren der KfW zufolge Investitionen im Bereich der Sportinfrastruktur für rund 3,9 Milliarden Euro geplant. Das entspräche zwar nominal einem Anstieg. Aufgrund der zum Teil drastischen Preissteigerungen im Baugewerbe sei jedoch real jedoch von einem Rückgang der Investitionen auszugehen.

Sport in Deutschland: Vereine haben gut 28 Millionen Mitglieder

In Deutschland befinden sich knapp zwei Drittel aller Sportanlagen in kommunaler Trägerschaft. 30 Prozent davon sind 40 Jahre oder älter, heißt es vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Laut Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB) gibt es hierzulande rund 86.000 Sportvereine mit derzeit mehr als 28 Millionen Mitgliedern. Rund 58 Prozent der Vereine nutzen eigenen Angaben zufolge kommunale Sportanlagen für ihr Angebot.

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Grundsätzlich planen der Difu-Befragung zufolge 29 Prozent der teilnehmenden Kommunen, die Zahl der Sportstätten auszubauen. Laut Befragung verfügt nahezu jede befragte Kommune (94 Prozent) über Sporthallen, knapp gefolgt von Sportplätzen (92 Prozent). Etwas mehr als die Hälfte der teilnehmenden Kommunen verfügt über Freibäder und 46 Prozent über Hallenbäder.

Sonstige Sportstätten, wie Reithallen und Bolzplätze, sind in etwa 21 Prozent sowie Eissporthallen in 8 Prozent der teilnehmenden Kommunen vorhanden. Diese Anteile würden sich laut KfW kaum zwischen Ost und West unterscheiden. Lediglich der Anteil der Kommunen, in denen es ein Hallenbad gibt, ist im Osten mit rund 34 Prozent deutlich geringer als im Westen (49 Prozent), so die Förderbank.

Kommunen wollen investieren – was jetzt hilfreich wäre

Mit Blick auf einen geplanten Ausbau des Sportstättenangebots spielt der Studie zufolge vor allem die Größe der jeweiligen Kommune eine Rolle: 78 Prozent aller Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern planen aktuell den Bau neuer Sportstätten in den kommenden Jahren. Es folgen Kommunen mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern (45 Prozent). Bei Kommunen mit 2000 bis 5000 Einwohnern berichten hingegen nur neun Prozent von einem solchen Vorhaben. Bei Landkreisen will ein gutes Drittel Investitionen in dem Bereich tätigen – wenn Geld vorhanden ist.

Mit Blick auf die Frage, wie die Finanzierungslücke zu schließen ist, ist man sich auf kommunaler Ebene größtenteils einig: 76 Prozent der befragten Kommunen sehen eine Lösung vor allem in einer besseren Grundfinanzierung von Kommunen, gefolgt von weniger Bürokratie in Förderprogrammen (55 Prozent). Auch ein geringerer Eigenanteil (31 Prozent) und die Aufstockung der Investitionshilfen von Bund und Ländern (29 Prozent) werden als hilfreich angesehen.

Kommunen finanzieren sich unter anderem aus eigenen Steuereinnahmen wie der Grundsteuer. Hinzu kommen Zuweisungen von Bund und Ländern. In Deutschland gibt es rund 11.000 Kommunen.