Essen. Unter dem Klimawandel leidet vor allem der globale Süden. Eine junge Bochumerin setzt sich für mehr Gerechtigkeit ein – im Vollzeit-Ehrenamt.
Vollzeit Ehrenamt: So sieht das Leben von Romance Bassingha (19) aktuell aus. Die junge Bochumerin beschäftigt sich beinahe täglich mit Politikern, besucht und plant Konferenzen und informiert über die Dringlichkeit von Klimagerechtigkeit und Entwicklungsarbeit auf dem afrikanischen Kontinent. „Es ist wie Lobbyismus, aber für die guten Sachen“, erklärt sie ihre Arbeit lachend.
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Einen Großteil ihrer Zeit nimmt dabei ihr Ehrenamt bei der Entwicklungsorganisation „One“ ein. Als Jugendbotschafterin setzt sie sich hier für bessere wirtschaftliche Chancen und ein starkes Gesundheitswesen in afrikanischen Ländern ein.
Ehrenamt in der Entwicklungshilfe: „Bringt unfassbar viel“
„Ich habe in der Schule schon sehr viel ehrenamtlich gemacht. Aber das Problem war, dass viele Sachen viel Zeit benötigen.“ So ließen sich Klausurphasen nur bedingt mit Konferenzen vereinbaren. „Ich finde, dass jeder die Möglichkeit haben sollte, sich politisch zu engagieren.“ Vor allem Schüler, zum Beispiel durch eine Art Bildungsurlaub. „Das bringt dir unfassbar viel.“
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Sie persönlich habe auf Konferenzen deutlich mehr über Klimagerechtigkeit, Entwicklungsarbeit und Politik gelernt als im Unterricht. Man treffe interessante Menschen, sehe einiges von der Welt, lerne viel über sich selbst. Und auch für die globale Zusammenarbeit sei es wichtig, dass sich junge Menschen einbringen – „damit ein bisschen mehr Diversität reinkommt.“ Meistens säßen nämlich die gleichen Menschen in Konferenzen.
Aus diesen Gründen hat Romance entschieden, sich nach ihrem Abitur im Sommer 2024 ein Jahr vollständig auf ihre Ehrenämter zu fokussieren. Dann will sie studieren – Entwicklungsarbeit soll aber immer Teil ihres Lebens bleiben. „Ich will Brücken bauen“. Was ihr bei alldem am wichtigsten ist: Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Klimawandel: Globaler Süden leidet am stärksten
Einen Hauptteil ihres Engagements als One-Jugendbotschafterin machen Gespräche mit Politikern aus, auf kommunaler oder Bundesebene. Dabei leistet sie viel Überzeugungsarbeit: Die Politik muss mehr Geld für Projekte und Maßnahmen zur Verfügung stellen, die zum Beispiel das Gesundheitswesen auf dem afrikanischen Kontinent fördern und so Menschenleben retten: „Deine Herkunft sollte nicht bestimmen, ob du überlebst.“
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Bei ihrem Engagement gehe es nicht darum, Politiker oder Menschen von ihrer Position zu überzeugen. Wichtig sei, ins Gespräch zu kommen und Sichtbarkeit zu schaffen. Sie erinnert sich an die Hamburg Sustainability Conference im Oktober, bei der sie als Jugendbotschafterin gemeinsam mit dem Jugendbeirat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen Vortrag über Jugendpartizipation gehalten hat: „Wir haben erstmal Sichtbarkeit geschaffen und Input gesammelt, weil sehr viele Menschen aus Ländern da waren, die wirklich betroffen sind.“
„Die Menschen, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen, leiden am stärksten unter seinen Folgen. Es ist unser aller Verantwortung, darüber zu sprechen und etwas zu verändern.“
Denn Fakt ist: Gemeinsam mit China und den USA stoßen die EU-Staaten weltweit am meisten CO₂ aus und befeuern damit den Klimawandel. Dessen Folgen treffen hingegen Länder auf der südlichen Erdhalbkugel am stärksten – obwohl sie am wenigsten dazu beitragen. Es sei daher Verantwortung der EU, etwas zu ändern, findet Romance: „Wir müssen genau schauen: Wo wird das Geld gebraucht und wo können nachhaltige Investitionen getätigt werden?“
Entwicklungshilfe: Mehr Transparenz nötig
„Sehr viele Sachen werden jetzt von Menschen beschlossen, die nicht mehr da sein werden, wenn es drunter und drüber geht, und deswegen wollen wir, dass junge Menschen beteiligt werden.“ Insgesamt seien noch immer zu wenig von ihnen auf großen politischen Veranstaltungen vertreten. Was Romance außerdem fordert: mehr Transparenz. Die meisten wüssten gar nicht, wie viele Steuergelder in welche Länder fließen – das Resultat seien dann von Falschinformationen geprägte Diskussionen über Fahrradwege in Peru. „Darüber muss facettenreicher berichtet werden.“
In Deutschland ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für die finanzielle Unterstützung anderer Länder zuständig, rund 11,22 Milliarden Euro standen in diesem Jahr für Entwicklungsarbeit zur Verfügung. „Im Mittelpunkt steht dabei das Engagement gegen Armut und Hunger und für gesunde Menschen in einer gesunden Umwelt“, wirbt das BMZ auf seine Website. Davon profitieren sollen alle: „Mit jedem Euro, mit dem wir heute weltweit Gesellschaften krisenfester machen, sparen die Steuerzahlenden laut Weltbank-Berechnungen später vier Euro an humanitärer Nothilfe.“
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