Essen. Mit Cetin Nazikkol verabschiedet sich bei Thyssenkrupp schon wieder ein Top-Manager. Der Nasikkol-Bruder hatte eine wichtige Funktion.

Ein weiterer hochrangiger Manager verlässt Thyssenkrupp. Cetin Nazikkol, Vorstandsmitglied der Thyssenkrupp-Klimaschutzsparte Decarbon Technologies, werde sich „neuen Herausforderungen außerhalb des Konzerns widmen“, teilte das Unternehmen mit. Bereits zum 30. November sei sein Vertrag aufgehoben worden. Mit dem überraschenden Abgang bleibt Nazikkols Position zunächst unbesetzt. „Über den Prozess der Nachfolge wird zeitnah entschieden“, erklärte Thyssenkrupp.

Es ist eine bemerkenswerte Personalentscheidung. Cetin Nazikkol ist der Bruder von Thyssenkrupp-Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol, was Außenstehenden aufgrund der unterschiedlichen Schreibweise der Namen womöglich nicht unmittelbar offensichtlich erscheint.

Cetin Nazikkol war für wichtiges Vorhaben von López zuständig

Im vergangenen Jahr löste Gesprächsstoff aus, dass sich Cetin Nazikkol um ein Vorhaben kümmern sollte, das von großer Bedeutung für Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López war. Mit dem Effizienz-Programm namens „Apex“, für das Nazikkol zunächst zuständig war, wollte López den angeschlagenen Konzern auf Erfolg trimmen. Mittlerweile ist Thyssenkrupp-Finanzchef Jens Schulte der „Apex“-Beauftragte.

Thyssenkrupp-Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol gehört zu den bekanntesten Akteuren im Unternehmen.
Thyssenkrupp-Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol gehört zu den bekanntesten Akteuren im Unternehmen. © dpa | Rolf Vennenbernd

Cetin Nazikkol war seit Jahren in führender Position für Thyssenkrupp aktiv. So leitete er für den Konzern unter anderem die Plattform Asien-Pazifik-Afrika in Dubai. Als Vorstandsmitglied der Dortmunder Sparte Decarbon Technologies, die von Miguel López persönlich geführt wird, hat er zuletzt in einem Segment gearbeitet, mit dem große Hoffnungen bei Thyssenkrupp verbunden sind. Auffällig ist, dass sich López auch in einem konzerninternen Schreiben an die Beschäftigten, das unserer Redaktion vorliegt, nicht zum Weggang von Nazikkol äußert.

Stattdessen lobt der scheidende Thyssenkrupp-Personalvorstand Oliver Burkhard, der derzeit auch Decarbon-Aufsichtsratsvorsitzender ist und sich künftig auf seine Tätigkeit als Marine-Chef konzentrieren will, dass Nazikkol als „Chefstratege“ beim Aufbau des Segments Decarbon gewirkt habe. Zudem habe sich Nazikkol „in besonderem Maß für die wichtige grüne Transformation eingesetzt“, so Burkhard. Die offizielle Sprachregelung in der Mitteilung zum Weggang von Nazikkol lautet, die Vertragsauflösung sei „einvernehmlich“ erfolgt.

López: „Von den 150 Top-Managern haben rund 40 Prozent gewechselt“

Unter der Führung von López hat es bereits zahlreiche Wechsel auf Spitzenpositionen von Thyssenkrupp gegeben. „Von den 150 Top-Managern haben rund 40 Prozent gewechselt“, berichtete der Thyssenkrupp-Chef in einem „Focus“-Interview. „Heute haben wir ein jüngeres Team, supermotiviert“, so López.

Sämtliche wichtigen Spartenchefs – abgesehen vom Marine-Geschäft mit Oliver Burkhard – sind während der Amtszeit von López ausgetauscht worden. Seit Anfang Oktober führt Konzernvorstand Volkmar Dinstuhl auch das wichtige Segment Automotive Technology.

Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López:  „Von den 150 Top-Managern haben rund 40 Prozent gewechselt.“
Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López:  „Von den 150 Top-Managern haben rund 40 Prozent gewechselt.“ © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Einige Wochen zuvor hatte es bei einem Stühlerücken an der Spitze der Thyssenkrupp-Werkstoffhandelssparte gekracht. Um die neue Segment-Chefin Ilse Henne durchzusetzen, die wie Dinstuhl auch Vorstandsmitglied der Thyssenkrupp AG ist, musste der zuständige Aufsichtsratschef Jens Schulte nach Angaben der IG Metall seine Doppelstimme einsetzen, um damit die Vertreter der Belegschaft zu überstimmen. Arbeitnehmervertreter sprachen danach von einem „rücksichtslosen Durchdrücken von Personalentscheidungen“.

Tekin Nasikkol kritisiert „Angst-Kultur“ unter López

Besonders groß war der Knall in der Thyssenkrupp-Stahlsparte. Ende August mussten drei Stahl-Vorstände gehen, darunter Sparten-Chef Bernhard Osburg. Auch vier Aufsichtsräte schmissen hin, allen voran der frühere Vizekanzler Sigmar Gabriel als Steel-Aufsichtsratschef und sein Stellvertreter Detlef Wetzel von der IG Metall. Es dominierten nun die „Ja-Sager“, sagen Kritiker von López, dessen Drei-Jahres-Vertrag bis Ende Mai 2026 läuft.

Vor wenigen Tagen kritisierte Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol, López habe eine „Angst-Kultur“ im Unternehmen etabliert. „Wie soll in diesem Umfeld die Performance im Unternehmen gesteigert werden? Mit Ausnahme von Arbeitnehmervertretern traut sich niemand mehr, etwas zu sagen“, sagte Nasikkol im Interview mit unserer Redaktion.

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