Essen. Thyssenkrupp-Chef Miguel López plant ein weitreichendes Effizienz-Programm namens „Apex“. Zuständig ist ein Manager mit bekanntem Namen.
Das neue Effizienz-Programm, mit dem Thyssenkrupp-Chef Miguel López an den Start geht, trägt den Titel „Apex“, was aus dem Lateinischen kommt und für „Spitze“ steht. Von dieser Position ist der Essener Traditionskonzern noch weit entfernt – zu dieser Einschätzung kommt jedenfalls Vorstandschef López, der Anfang Juni die bisherige Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz abgelöst hat. „Seit mehreren Jahren schon können wir als börsennotiertes Unternehmen die Erwartungshaltung unserer Eigentümer und Investoren nicht erfüllen“, schreibt die Konzernführung in einer Mail an die Thyssenkrupp-Beschäftigten, die vor wenigen Tagen verschickt worden ist.
López macht Druck. „Wir haben die finanziellen Ziele, die wir uns gesetzt und dem Kapitalmarkt bereits 2021 kommuniziert haben, trotz der Anstrengungen im Veränderungsprozess der letzten Jahre nicht erreicht“, heißt es weiter in dem Schreiben der Thyssenkrupp-Spitze, das unserer Redaktion vorliegt. Und: Ein Weiter so „können wir uns nicht leisten“. Das Unternehmen sei auf das Kapital der Eigentümer und Investoren angewiesen, daher müsse Thyssenkrupp „wieder ein verlässliches dividendenfähiges Unternehmen werden“.
Mit einem neuen „Performance-Programm“ will López die Erwartungen erfüllen. Die Vorbereitungen dazu seien im Gange, lässt sich dem Schreiben an die Beschäftigten entnehmen. Es gehe um ein „ganzheitliches und tiefgreifendes Transformations-Programm“ für den Stahl- und Industriegüterkonzern mit seinen weltweit knapp 100.000 Beschäftigten. Dabei sollen nahezu alle Bereiche im Konzern auf den Prüfstand kommen. Die „Handlungsfelder“ seien: das Personal und die Organisation, Materialkosten, Vermögenswerte, das betriebliche Nettoumlaufvermögen, Geschäftsmodelle und Vertrieb sowie die Leistungskultur („Performance Culture“).
Aufsichtsratssitzung bei Thyssenkrupp am 13. September
Der neue Thyssenkrupp-Chef will augenscheinlich schnell Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Jedenfalls soll das ausgestaltete Programm bereits am 13. September dem Thyssenkrupp-Aufsichtsrat vorgestellt werden und einen Tag später starten. „Bis dahin werden wir die Ziele konkretisieren“, heißt es in dem Schreiben an die Belegschaft.
Bei einer Telefonkonferenz am 10. August hat López auf Nachfrage von Journalisten noch viele wichtige Details offengelassen. Ob weiterer Stellenabbau komme? Ob betriebsbedingte Kündigungen möglich seien? Dazu gab es von López zu diesem Zeitpunkt keine Antwort. Der Vorstand werde „zu gegebener Zeit informieren“, sagte der Thyssenkrupp-Chef lediglich.
Schon in den vergangenen Jahren hat es massiven Arbeitsplatzabbau im Konzern gegeben. Von 13.000 Stellen, die bekanntermaßen wegfallen sollten, sind Unternehmensangaben zufolge mittlerweile rund 11.000 Jobs abgebaut worden.
„Mit dem Performance-Programm wollen wir schnell in allen Bereichen Verbesserungspotenziale identifizieren, um das volle Potenzial aus den Geschäften zu schöpfen“, wird Vorstandschef López in dem Schreiben an die Mitarbeiter vom 23. August zitiert. Dabei gehe es „nicht nur um kurzfristige Cash-Effekte, sondern ebenso um die nachhaltige Entwicklung“ von Thyssenkrupp.
Cetin Nazikkol wird neuer „Chief Transformation Officer“
Als neuer „Chief Transformation Officer (CTO)“ soll der Thyssenkrupp-Manager Cetin Nazikkol die Verantwortung für die Umsetzung des Programms übernehmen, wie in dem Schreiben berichtet wird. Cetin Nazikkol, der Bruder des neuen Konzernbetriebsratschefs Tekin Nasikkol, ist schon seit Jahren in führender Position für Thyssenkrupp aktiv. Derzeit leitet er für den Konzern die Plattform Asien-Pazifik-Afrika in Dubai – eine Aufgabe, die er zusätzlich zur CTO-Aufgabe fortführen soll.
Die Konzernführung scheint sich der Sensibilität der Personalie bewusst zu sein. Auf die Frage, ob er jetzt in gewisser Weise gegen seinen Bruder arbeite, antwortet Cetin Nazikkol in einem unternehmensintern
geführten Interview, das die Konzernleitung den Beschäftigten geschickt hat: „Nein, ganz und gar nicht.“ Schließlich gehe es um ein „breit angelegtes Transformationsprogramm, kein Personalabbauprogramm“. Das Ziel sei, Thyssenkrupp „nachhaltig besser zu machen“. Daran sei auch die Mitbestimmung interessiert. „Und wenn es Themen zu besprechen gibt, werden wir das in bewährter Weise über die Gremienarbeit im Konzern tun.“
Als er gefragt worden sei, ob er die neue Aufgabe übernehmen wolle, sei er „schon ein wenig überrascht“ gewesen, sagt Cetin Nazikkol in dem Interview. „Ich bin kein Controller, ,Cost-Cutter‘ oder Sanierer“, betont er. „Die meiste Zeit meiner Karriere habe ich mich mit Geschäftsentwicklung, neuen Geschäftsmodellen und vertrieblichen Themen beschäftigt. Die Transformation von Geschäften in Richtung profitables Wachstum, das ist mein Steckenpferd.“