Essen. LEG will selbst Sonnenstrom produzieren und ihren Mietern verkaufen. Vorstände von Lackum und Wiegel über die Kosten der Energiewende.
Die Vermieter mussten lange darauf warten, bis der Gesetzgeber ihnen gestattete, Sonnenstrom vom eigenen Dach an ihre Mieterinnen und Mietern zu verkaufen. Inzwischen ist es so weit. Die LEG, größter Wohnungsanbieter in Nordrhein-Westfalen, hat in Monheim und Dortmund große Projekte gestartet, von denen die Kundschaft finanziell profitieren soll. Der Düsseldorfer Konzern verspricht, den Solarstrom in Monheim zehn Prozent günstiger anzubieten als die örtlichen Stadtwerke.
118 Mehrfamilienhäuser, 1117 Wohnungen, 4774 Solar-Module – das sind die Kennzahlen für das „größte zusammenhängende Mieterstrom-Projekt in NRW“, das Landeswirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) im Frühjahr in Monheim am Rhein eingeweiht hat. Einen Ableger des Pilotprojekts plant die LEG auch in Dortmund. Der Sonnenstrom vom eigenen Dach soll nicht nur Wärmepumpen antreiben und die klimaschädlichen Gasheizungen ersetzen. Der Konzern bietet den Strom auch seinen Mieterinnen und Mietern an.
„Natürlich bietet so ein Projekt immer Fortschritt, immer neue Einsichten und für unsere Mieterinnen und Mieter vor allem ein sehr bezahlbares Produkt“, verspricht LEG-Chef Lars von Lackum im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“. Was das genau bedeutet, erläutert LEG-Vorstandsmitglied Volker Wiegel: „Mieter können den Strom beziehen, das ist freiwillig. Er ist zehn Prozent günstiger als beim Grundversorger, sodass da durchaus eine Attraktivität besteht“, sagt er im Podcast. In der Monheimer Siedlung sei das Angebot gut angekommen – über die Hälfte der Parteien beziehe jetzt Sonnenstrom vom eigenen Dach.
LEG-Chef von Lackum verhehlt nicht, dass es ihm aus Unternehmenssicht lieber wäre, die Mieter zur Abnahme des Stroms zu verpflichten. „Dann hätten wir eine größere Berechenbarkeit“, erklärt er. Der weitere Ausbau der Photovoltaik in anderen Siedlungen würde das „deutlich erleichtern“. In einer Verpflichtung, die aber gesetzlich aktuell nicht möglich ist, sähe Vorstandskollege Wiegel gar einen „Riesenschritt nach vorn für die Energiewende“. Der LEG-Manager argumentiert nicht nur mit dem günstigeren Preis. Photovoltaik sei für die Mieter überdies „das Entspannendste, was man machen kann“. Die Solarmodule würden ohne viel Lärm und Dreck auf den Dächern montiert.
Wiegel betont aber auch, dass sich nicht alle Immobilien für Photovoltaik eigneten. „Man braucht ein Dach – am besten ein Flachdach -, das anständig ausgerichtet ist und das nicht von Bäumen verschattet ist“, meint Wiegel. Die technischen Voraussetzungen sind für die LEG allerdings nicht das einzige Hindernis, konkrete Ausbauziele zu nennen. „Weder 5000, noch 10.000 oder 20.000 Dächer. Das können wir alles nicht versprechen“, sagt Lars von Lackum. „Wir müssen nämlich bei 6,67 Euro Durchschnittsmiete pro Quadratmeter darauf achten, dass wir immer die beste Lösung finden für unsere Mieterinnen und Mieter.“ Der deutsche Marktführer Vonovia dagegen hatte im Frühjahr das Ziel ausgegeben, bis zum Jahr 2050 „alle geeigneten rund 30.000 Dächer von Vonovia“ mit Photovoltaikanlagen zu bestücken.
Die LEG dagegen wolle sich „die unterschiedlichen Lösungen“, die es gibt, anschauen, kündigt der Vorstandsvorsitzende im Podcast an. „In ganz vielen Fällen“ werde der Konzern seine Häuser künftig klimafreundlich mit Fernwärme beheizen. Wo das möglich sein wird, ermitteln die Städte gerade im Rahmen ihrer kommunalen Wärmeplanungen, zu denen sie die Bundesregierung verpflichtet hat. „Die günstigste Variante wird im Regelfall die Anbindung an die Fernwärme sein“, ist von Lackum überzeugt. Dort, wo der Anschluss nicht möglich sei, werde die LEG auf den Einbau von Wärmepumpen setzen – auch wenn diese aktuell immer noch mit einem hohen Anteil von Braunkohlestrom im Netz betrieben werden müssten.
LEG-Vorstand: CO2-freies Wohnen wird mehr Geld kosten
Mit welcher umweltfreundlichen Technik auch immer in Zukunft geheizt wird: Volker Wiegel wagt eine Prognose, wie sich die Kosten für eine warme Wohnung entwickeln werden. „Wie schaffen wir das, CO2-frei zu wohnen, ohne dass es zu teuer wird? Ja, ich glaube, da muss man ehrlich sein. CO2-freies Wohnen wird mehr Geld kosten als Wohnen wie in der Vergangenheit durch Verbrennung fossiler Energieträger“, so der LEG-Vorstand.
>>> Wie entwickeln sich Mieten und Nebenkosten?
- Wie von Lars von Lackum und Volker Wiegel die Entwicklung der Nebenkosten und Mieten einschätzen, und was die energetische Sanierung mit der finanziellen Belastung der Mieterinnen und Mieter machen wird, hören Sie den WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“.
- Darin nimmt von Lackum auch zu seinem viel diskutierten Vorschlag Stellung, vor den Toren der Großstädte große Siedlungen mit bezahlbaren Wohnungen zu bauen
- „Die Wirtschaftsreporter“ finden Sie auf waz.de oder folgen Sie uns gern kostenlos bei Spotify, Apple Podcasts oder Youtube. Dort finden Sie auch alle früheren Ausgaben.
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